30. September 2016

FAMILIEN FÖRDERN STATT SEXUELLER MINDERHEITEN!

30.09.16
6. Sitzungsperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt

FAMILIEN FÖRDERN STATT SEXUELLER MINDERHEITEN!

“Auf Antrag der AfD-Frak­ti­on soll die Lan­des­re­gie­rung auf­ge­for­dert wer­den, das Akti­ons­pro­gramm für die Akzep­tanz von Les­ben, Schwu­len, Bise­xu­el­len, Trans­gen­dern, Trans­se­xu­el­len und inter­ge­schlecht­li­chen Men­schen (LSBTTI)“ sofort ein­zu­stel­len und die frei wer­den­den Mit­tel in die Kin­der­be­treu­ung zu inves­tie­ren. „Der Akti­ons­plan ver­pflich­tet über 95 Pro­zent der Bevöl­ke­rung dazu, die abwei­chen­de Sexua­li­tät von weni­ger als 5 Pro­zent der Bevöl­ke­rung in extre­mer Wei­se zu berück­sich­ti­gen. Er legt die über­wie­gen­de Mehr­heit der Bevöl­ke­rung auf Hand­lungs­wei­sen fest, die ihrem Emp­fin­den von Nor­ma­li­tät und Natür­lich­keit zuwi­der­lau­fen“, so die AfD in ihrer Begrün­dung.” [Land­tag von Sach­sen-Anhalt]


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Transkript

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Frau Prä­si­den­tin! Sehr geehr­te Damen und Her­ren! Die LINKEN wer­fen uns vor, wir sei­en homo­phob. Das ist inter­es­sant. Wäh­rend Sie viel Wert dar­auf legen, dass Homo­se­xua­li­tät nicht mehr als Krank­heit gilt, erfin­den Sie nun eine neue Krank­heit: die Homo­pho­bie, die Sie dann auch gleich bei uns dia­gnos­ti­zie­ren. Sie zei­gen genau das dis­kri­mi­nie­ren­de Ver­hal­ten, das Sie uns unter­stel­len, nur eben unter umge­kehr­ten Vor­zei­chen, und mer­ken es nicht einmal.

(Bei­fall bei der AfD)

Ich fin­de, Sie soll­ten sich über Ihre Büros den alten Spruch schrei­ben, der über dem Ora­kel von Del­phi stand: Erken­ne dich selbst!

(Bei­fall bei der AfD)

Was uns umtreibt, ist ganz gewis­se kei­ne patho­lo­gi­sche Angst vor Homo­se­xua­li­tät. Selbst in der AfD sind Homo­se­xu­el­le aktiv, und kei­ner von ihnen denen hat­te Anlass, sich über Schi­ka­nen zu beschweren.

Uns geht es in aller Nüch­tern­heit ein­fach nur dar­um, dass das Ver­hält­nis von Nor­men und Abwei­chun­gen, auf dem jede funk­tio­nie­ren­de Gesell­schafts­ord­nung beruht, nicht außer Kraft gesetzt wird.

Gin­ge es Ihnen nur dar­um, Men­schen mit sexu­el­ler Abwei­chung das Leben leich­ter zu machen, hät­te nie­mand etwas dage­gen. Ihnen geht es aber dar­um, dass die Ehe von Mann und Frau, aus der Kin­der her­vor­ge­hen, nicht mehr als Leit­bild fun­gie­ren darf. Ihr Akti­ons­pro­gramm ist kein Akti­ons­pro­gramm für eine Min­der­heit; es ist ein Akti­ons­pro­gramm gegen die Mehrheit.

(Bei­fall bei der AfD)

Damit legen Sie die Axt an die Wur­zel unse­rer Gesell­schaft. Wie der gro­ße deut­sche Phi­lo­soph Robert Spae­mann sagt, ist Nor­ma­li­tät für alles Leben­di­ge konstitutiv.

(Zuru­fe von Dr. Fal­ko Gru­be, SPD, und von Cor­ne­lia Lüd­de­mann, GRÜNE)

Spae­mann führt dazu wie folgt aus   ich zitie­re dazu in exten­so; denn er hat es wahr­lich ver­dient, zitiert zu werden:

„Im Bereich der unbe­leb­ten Natur, also im Bereich der Phy­sik, gibt es kei­ne Nor­ma­li­tät, son­dern nur stren­ge Gesetz­mä­ßig­keit. Über­all dage­gen, wo es Leben gibt, gibt es so etwas wie ein art­spe­zi­fi­sches ‚Aus-Sein-auf-etwas‘. Und die­ses, wor­auf die Natur aus ist, kann auch durch eben die­sel­be Natur ver­fehlt wer­den. Es gibt, wie Aris­to­te­les schreibt, ‚Feh­ler der Natur‘.

(Zuruf von Dr. Kat­ja Päh­le, SPD)

Wei­ter heißt es bei Spaemann:

„Der Instinkt, den jun­gen Löwen das Jagen bei­zu­brin­gen, gehört zur Natur der Löwen­mut­ter, ohne ihn wer­den die Jun­gen nicht lebens­fä­hig, und ohne ihn gäbe es gar kei­ne Löwen. Das Feh­len die­ses Instinkts ist daher eine Anoma­lie. Der Begriff einer nor­ma­ti­ven Nor­ma­li­tät ist unver­zicht­bar, wenn es um den Umgang mit Lebens­vor­gän­gen geht. Irr­tü­mer auf die­sem Feld sind lebens­ge­fähr­lich für die Menschheitsfamilie.“

(Zuruf von Swen Knö­chel, DIE LINKE)

Man mag das für eine tri­via­le Ein­sicht hal­ten, aber allen Anschein nach ist sie noch nicht tri­vi­al genug für die Koali­ti­ons­frak­tio­nen. Wenn ich sehe, dass pro Frau in Sach­sen-Anhalt nur noch 1,5 Kin­der gebo­ren wer­den, dann muss ich sagen: Unser Pro­blem besteht ganz sicher nicht dar­in, dass die Drei- bis Sechs­jäh­ri­gen noch nicht erschöp­fend über alle Spiel­ar­ten abwei­chen­der Sexua­li­tät infor­miert wer­den; unser Pro­blem besteht dar­in, dass es immer weni­ger Drei- bis Sechs­jäh­ri­ge gibt.

(Bei­fall bei der AfD)

Anstatt davon zu schwa­dro­nie­ren, dass die nor­ma­le Fami­lie nicht mehr Leit­bild sein darf, soll­ten wir uns bes­ser Gedan­ken dar­über machen, wie wir gera­de nor­ma­le Fami­li­en för­dern und Anrei­ze für Kin­der set­zen können.

(Bei­fall bei der AfD)

Das, was Sie wol­len, ist kei­nem nor­mal den­ken­den Bür­ger mehr vermittelbar.

(Swen Knö­chel, DIE LINKE: Was hat das damit zu tun?)

Die geis­ti­ge Grund­la­ge Ihres LSBT­TI-Akti­ons­pro­gramms ist die Phi­lo­so­phie von Judith But­ler. Judith But­ler begreift das Sys­tem der bei­den Geschlech­ter als ein Unter­drü­ckungs­sys­tem, das wir dekon­stru­ie­ren müs­sen. Dass sich also jun­ge Män­ner für jun­ge Frau­en inter­es­sie­ren und umge­kehrt, dass sie zusam­men­fin­den, Fami­li­en grün­den und Kin­der bekom­men, soll Aus­druck von Unter­drü­ckung sein.   Welch ein Schwachsinn!

(Bei­fall bei der AfD)

Dass ins­be­son­de­re die lin­ken Par­tei­en die­sen Gen­der-Kult mit sol­chem Eifer hul­di­gen, erklä­re ich mir in etwa so: Gemes­sen an ihrer Kern­auf­ga­be, für eine halb­wegs gerech­te Ver­tei­lung des Volks­ver­mö­gens zu sor­gen, haben die Lin­ken auf gan­zer Linie ver­sagt. Die Armen wer­den schon seit Jahr­zehn­ten immer ärmer; die Rei­chen immer rei­cher und der eins­ti­ge Mas­sen­wohl­stand schmilzt dahin.

(Zustim­mung von Jan Schmidt, AfD)

Um von Ihrem Total­ver­sa­gen abzu­len­ken, haben Sie die sexu­el­len Min­der­hei­ten als neu­es Objekt Ihrer Für­sor­ge ent­deckt und und wen­den sich Ihnen in kom­pen­sa­to­ri­scher Absicht zu.

(Zuru­fe von den LINKEN)

Davon hat aber nie­mand etwas außer Ihnen selbst. Das, was Sie trei­ben, ist also poli­ti­sche Selbst­be­schäf­ti­gung; in Ihrer Dik­ti­on könn­te mach auch sagen: poli­ti­sche Selbstbefriedigung.

(Bei­fall bei der AfD   Lachen bei der LINKEN)

Bei den lin­ken Par­tei­en sind Hop­fen und Malz verloren.

(Zustim­mung von Mat­thi­as Bütt­ner, AfD, und von Dani­el Roi, AfD)

Aber die CDU müss­te die­ses Akti­ons­pro­gramm kip­pen, wenn das C in ihrem Namen noch irgend­ei­ne Bedeu­tung haben soll.

(Zuru­fe von der CDU   Dr. Kat­ja Päh­le, SPD: Das ist eine Frechheit!)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Tillschneider

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Ich for­de­re Sie auf, wer­te Kol­le­gen von der CDU,

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Tillschneider

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

berei­ten Sie die­sem Spuk ein Ende.

(Glo­cke der Präsidentin)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Till­schnei­der, kom­men Sie bit­te zum Schluss.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Sie haben hier und heu­te die Chan­ce dazu. Ihre Stim­me für unse­ren Antrag ist kei­ne Stim­me gegen Min­der­hei­ten. Es ist eine Stim­me dafür, dass die Ehe von Mann und Frau unse­ren Kin­dern auch in Zukunft als unan­ge­foch­te­nes Leit­bild ver­mit­telt wird.

(Bei­fall bei der AfD)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Es gibt drei Anfragen.

(Dr. Kat­ja Päh­le, SPD: Eine Intervention!)

Zunächst zu der Anfra­ge von Herrn Gal­lert, danach zu der von Dr. Gru­be.   Herr Gal­lert, bitte.

Wulf Gal­lert (DIE LINKE):

Ich habe eine ganz ein­fa­che Fra­ge, die sich auf einen Pas­sus Ihrer Rede bezieht. Habe ich Sie rich­tig ver­stan­den, dass Homo­se­xu­el­le aus Ihrer Sicht ein Schreib­feh­ler der Natur sind?

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Bit­te, Herr Tillschneider.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Na ja, es ist eine Norm­ab­wei­chung. Ich wür­de es nicht Schreib­feh­ler nen­nen; mein Begriff ist Normabweichung.

Wulf Gal­lert (DIE LINKE):

Sie haben eben Schreib­feh­ler gesagt. Des­we­gen fra­ge ich doch danach.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Schreib­feh­ler? Das war ein Zitat. Eine Anoma­lie. Ich habe nichts von Schreib­feh­ler gesagt.

(Dr. Kat­ja Päh­le, SPD: Doch!)

Wulf Gal­lert (DIE LINKE):

Na gut, das erklärt alles.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Ich kann es Ihnen erklä­ren. Wir müs­sen uns nicht über Begrif­fe strei­ten; es geht um die Sache. Es gibt die Norm und die Abwei­chung. Mit Spae­mann sage ich, es gibt eine nor­ma­ti­ve Nor­ma­li­tät; die wir brau­chen, und es gibt die Abwei­chung davon. Das ist eben so; was sol­len wir da machen.

(Bei­fall bei der AfD)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Die nächs­te Fra­ge möch­te Herr Dr. Gru­be stel­len. Bit­te, Herr Dr. Grube.

Dr. Fal­ko Gru­be (SPD):

Zwei Vor­be­mer­kun­gen und eine Fra­ge. Ers­te Vor­be­mer­kung: Wie Sie ange­sichts des­sen, was Sie ver­zap­fen, den­ken kön­nen, Sie sei­en tole­rant, ist mir ein sehr gro­ßes Rätsel.

Zwei­tens. Ange­sichts Ihrer Aus­füh­run­gen ver­ste­he ich auch, war­um Ihre Par­tei­vor­sit­zen­de das Wort „völ­kisch“ völ­lig nor­mal fin­det.   Sie offen­sicht­lich auch.

Die Fra­ge, die ich habe, damit wir das unter uns geklärt haben: Sie hal­ten also Homo­se­xua­li­tät für eine Krank­heit. Habe ich das rich­tig verstanden?

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Nein, Krank­heit wür­de ich nicht sagen.

Dr. Fal­ko Gru­be (SPD):

Son­dern?

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Ich nen­ne es Norm­ab­wei­chung. Krank­heit ist zu stark. Das den­ken wir nicht.

(Lachen bei der LINKEN)

Es ist eine Norm­ab­wei­chung. Was war die ers­te Fra­ge?   Tole­ranz, genau. Ich hal­te mich für sehr tolerant.

(Olaf Meis­ter, GRÜNE: Der war gut!   Lachen bei der LINKEN!   Zuru­fe von der SPD und von der LINKEN)

Aber ich habe einen ande­ren Tole­ranz­be­griff als Sie. Für mich ist Tole­ranz das Gel­ten­las­sen ande­rer Auf­fas­sun­gen. Das heißt, Into­le­ranz zeigt sich vor allem dar­in, dass man die Mei­nung ande­rer nicht gel­ten lässt, weil man zu sehr davon über­zeugt ist, die Weis­heit mit Löf­feln gefres­sen zu haben.

(Zuru­fe von der LINKEN)

Aber das habe ich gar nicht. Ich könn­te mich auch ein­mal in Ruhe mit einem Anti­fan­ten unter­hal­ten. Ich hät­te nichts dage­gen, aber die wol­len nicht.

Ich bin für den frei­en Mei­nungs­aus­tausch. Ich kann mit jeder Mei­nung leben und wer­de auch nicht bösartig.

(Bei­fall bei der AfD)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Till­schnei­der, ich habe noch eine Wort­mel­dung von Frau Dr. Päh­le. Eine Fra­ge oder wol­len Sie sich als Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de äußern?

(Dr. Kat­ja Päh­le, SPD: Als Fraktionsvorsitzende!)

Okay. – Außer­dem lie­gen mir Anfra­gen von Herrn Scheu­rell und vom Abg. Herrn Stahl­knecht vor.   Sie dür­fen, bitte.

(Frank Scheu­rell, CDU: Wer denn nun?)

- Frau Dr. Päh­le zuerst. Frau Dr. Päh­le hat das Wort, dann Herr Scheu­rell und dann Herr Stahl­knecht als Abgeordneter.

Dr. Kat­ja Päh­le (SPD):

Herr Till­schnei­der, das Fei­xen in den Rän­gen der AfD-Frak­ti­on legt den Ver­dacht nahe, dass Sie Ihre Reden des­halb hal­ten, weil Sie wahr­schein­lich für jede Wort­aus­fäl­lig­keit 5 € bekommen.

(André Pog­gen­burg, AfD: Mehr!   Wei­te­re Zuru­fe von der AfD)

Denn gera­de in Ihren Reden wer­den bestimm­te Begriff­lich­kei­ten über Gebühr stra­pa­ziert. Sie sind Islam­wis­sen­schaft­ler. Fas­sen wir das ein­mal ins­ge­samt zum The­ma Reli­gi­ons­wis­sen­schaf­ten zusammen.

Ich bin beken­nen­de Chris­tin. Ich bin Pro­tes­tan­tin. Ich neh­me trotz allem zur Kennt­nis, dass der aktu­el­le Papst bereits dar­auf hin­ge­wie­sen hat, dass auch die Homo­se­xu­el­len nicht zu ver­ur­tei­len sei­en, son­dern dass es ein­fach zu unse­rem Leben dazu­ge­hö­re. Men­schen lie­ben ein­fach, wen sie lieben.

(Dani­el Roi, AfD: Ja!   André Pog­gen­burg, AfD: Wer bestrei­tet das?   wei­te­re Zuru­fe von der AfD)

Mit ande­ren Wor­ten: Sehen Sie gera­de in Ihrem Vor­wurf an die christ­li­chen Abge­ord­ne­ten und die Abge­ord­ne­ten, die der CDU ange­hö­ren, tat­säch­lich eine Begrün­dung, dass man als Christ die­se Lebens­wei­se ableh­nen muss, oder passt es ein­fach nur in Ihr Welt­bild, um allen zu erklä­ren, dass Sie das christ­li­che Abend­land bis zur letz­ten Patro­ne ver­tei­di­gen? Das wür­de mich wirk­lich interessieren.

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Till­schnei­der, Sie haben das Wort.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Die katho­li­sche Kir­che von heu­te hat mit der Igle­sia cato­li­ca, von der bei Augus­ti­nus die Rede ist, fast gar nichts mehr zu tun. Ich bin kein gro­ßer Fan des aktu­el­len Paps­tes; sei­nen Vor­gän­ger fand ich besser.

(Cor­ne­lia Lüd­de­mann, GRÜNE: Das wun­dert mich nicht!)

Robert Spae­mann hat übri­gens genau die­sen Brief   ich glau­be, er heißt Amo­ris Lae­ti­tia  , also die­se Lehr­mei­nung scharf kri­ti­siert und dem Papst vor­ge­wor­fen, dass er damit von der katho­li­schen Leh­re abweicht. Ich habe mich nicht im Detail damit beschäf­tigt, aber es klingt für mich sehr nachvollziehbar.

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Scheu­rell, bitte.

Frank Scheu­rell (CDU):

Sehr geehr­ter Herr Dr. Till­schnei­der, Sie haben gesagt, Sie sei­en abso­lut tole­rant. Wenn Sie das sind, dann müss­ten Sie Ihren Antrag eigent­lich zurückziehen.

(Zustim­mung von Cor­ne­lia Lüd­de­mann, GRÜNE)

Ich sagen Ihnen auch, war­um. Frau Minis­te­rin hat vor­hin gesagt, dass erst alles für die Umset­zung erar­bei­tet wer­de. Wenn Sie tole­rant sind und die AfD ein offe­nes Men­schen­bild ver­folgt, was uns von dem Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den ja gesagt wur­de     Zu mei­ner Fra­ge: Wer­den Sie als Frak­ti­on jeman­den ent­sen­den, der die­ses Pro­gramm mit Leben erfüllt? Denn es wird ja erst erarbeitet.

(André Pog­gen­burg, AfD: Ja, gern!)

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Natür­lich.

Frank Scheu­rell (CDU):

Es ist ein Akti­ons­pro­gramm. Es wird erar­bei­tet und es soll mit Leben erfüllt werden.

Noch eines dazu. Sie appel­lier­ten an die Chris­ten. Es wäre unchrist­lich, Men­schen ob ihrer sexu­el­len Aus­rich­tung im gesell­schaft­li­chen Leben in irgend­ei­ner Art und Wei­se zu diskriminieren.

(Bei­fall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jeder hat das glei­che Recht in die­ser Gesell­schaft. Ich las­se mir nicht sagen, dass ich als Katho­lik irgend­wie ein Außen­sei­ter bin oder eine Pro­tes­tan­tin eine Außen­sei­te­rin ist. Wir sind zah­len­mä­ßig natür­lich eine Min­der­heit in unse­rem Land.

(Zuruf von Cor­ne­lia Lüd­de­mann, GRÜNE)

Das ist so, ja. Wis­sen Sie, ich in Per­so­na bin an meh­re­ren Stel­len eine Min­der­heit und, Herr Dr. Till­schnei­der, Sie auch.

(Hei­ter­keit bei allen Frak­tio­nen – Zustim­mung bei der CDU – Bei­fall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Till­schnei­der, möch­ten Sie dar­auf antworten?

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Viel­leicht kann ich kurz ant­wor­ten, ja. – Bevor Sie dann abge­schweift sind, war, glau­be ich, die Fra­ge nach der Tole­ranz, und dass wir sozu­sa­gen die­sem Akti­ons­plan eigent­lich zustim­men müss­ten, wenn wir tole­rant wären. Das war Ihre Frage.

Da sage ich: Nein. Der wird hier näm­lich schon die gan­ze Zeit ver­harm­lost. Wenn man ihn ganz liest, und ich habe ihn ganz gele­sen, dann ent­deckt man eine Fül­le von Maß­nah­men, die wir ein­fach nicht bil­li­gen kön­nen. Zum Bei­spiel wird dort kri­ti­siert, dass im Adop­ti­ons­ver­fah­ren hete­ro­se­xu­el­le Ehe­paa­re bevor­zugt werden.

(Olaf Meis­ter, GRÜNE: Sie sind doch tolerant!)

Das heißt, es wird bemän­gelt, dass die Wai­sen­kin­der, die zur Adop­ti­on frei­ge­ge­be­nen Kin­der, nur an nor­ma­le Ehe­paa­re ver­ge­ben wer­den, dass nicht auch ande­re berück­sich­tigt wer­den. Das wird bemän­gelt, und das heißt, das müs­sen wir ändern.

Da sage ich ganz klar: Nein. Denn eines der wirk­lich stärks­ten Argu­men­te dafür, dass auch ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaf­ten adop­tie­ren dür­fen, ist: Angeb­lich ist es bes­ser für ein Kind, wenn es bei zwei Schwu­len auf­wächst oder bei zwei Les­ben als im Heim. Das gebe ich auch zu. Das mag ja sein. Bes­ser als allein, lie­ber so betreut. Aber wenn es ein Über­an­ge­bot an adop­ti­ons­wil­li­gen nor­ma­len Ehe­paa­ren gibt, dann sind die Kin­der auf die­se Ehe­paa­re zu verteilen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Was sind nor­ma­le Ehe­paa­re? – Swen Knö­chel, DIE LINKE: Was ist normal?)

Denn mei­ne Auf­fas­sung in der Bezie­hung ist: Jedes Kind hat ein Recht auf Vater und Mut­ter, aber Erwach­se­ne haben kein Recht auf Kin­der. Das ist zum Bei­spiel ein knall­har­ter Punkt und so steckt der voll     Ich bin auch dage­gen, das auf den Kita-Kof­fer zu ver­en­gen. Die­ser Akti­ons­plan ent­fal­tet eine Fül­le von Maß­nah­men, er nennt sie auch gesamt­ge­sell­schaft­lich, sodass wir das aus der Per­spek­ti­ve dis­ku­tie­ren müssen.

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Stahl­knecht, stel­len Sie Ihre Fra­ge, bitte.

Hol­ger Stahl­knecht (CDU):

Es wird eine Inter­ven­ti­on, aber dar­auf kann er ger­ne ant­wor­ten. – Sie haben vor­ge­tra­gen, indem Sie aus der Natur­be­trach­tung zitiert haben und dann den Bogen geschla­gen, wenn ich Sie rich­tig ver­stan­den habe, zwi­schen norm­ge­rech­tem Ver­hal­ten und nicht norm­ge­rech­tem Ver­hal­ten. Ich habe das so ver­stan­den, und ich glau­be, so war auch Ihre Inten­ti­on, dass das norm­ge­rech­te Ver­hal­ten in der Natur erfor­der­lich ist, dass Natur sich wei­ter­ent­wi­ckeln kann und das nicht norm­ge­rech­te Ver­hal­ten dazu nicht bei­trägt. Das war das, was ich ver­stan­den habe.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

So unge­fähr, ja.

Hol­ger Stahl­knecht (CDU):

Wis­sen Sie, das fin­de ich eine sehr, sehr grenz­wer­ti­ge Argumentation.

(Zustim­mung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen das auch des­halb, weil Sie es viel­leicht gar nicht so gemeint haben.

(Hen­rik Lan­ge, DIE LINKE: Nein, das hat er so gemeint!)

Viel­leicht. – Aber der Schritt und die Über­le­gung zwi­schen Leben ers­ter und zwei­ter Klas­se, zwi­schen der Fra­ge: „Was ist wert und mög­li­cher­wei­se auch unwert?“ ist dann nicht mehr ganz so weit.

(Bei­fall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich als Pri­vat­per­son und als Christ habe einen Men­schen noch nie danach beur­teilt und mei­ne Sym­pa­thien und gele­gent­lich auch ein­mal Anti­pa­thien   das geht uns allen so   davon abhän­gig gemacht, ob einer sich norm­ge­recht oder nicht norm­ge­recht ver­hält. Ent­schei­dend ist, egal in wel­cher Aus­prä­gung, der Mensch als Teil unse­rer Schöp­fung. Das ist für mich entscheidend.

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Sehr geehr­ter Herr Abge­ord­ne­ter, ich muss sagen: bis zwei Minu­ten. Die sind jetzt um.

Hol­ger Stahl­knecht (CDU):

Ich kom­me jetzt zum letz­ten Satz, Frau Kol­le­gin, den gestat­ten Sie mir. – Wir hat­ten ein­mal eine Zäsur in unse­rer Geschich­te, auf­grund derer wir uns sehr lan­ge mit uns selbst beschäf­ti­gen muss­ten und unse­re eige­ne Kul­tur dabei ver­ges­sen haben. Ich möch­te nicht, dass wir der Ver­su­chung erlie­gen, dass sich Glei­ches, wenn auch nur ansatz­wei­se, noch ein­mal wie­der­holt. – Herz­li­chen Dank.

(Bei­fall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Dr. Till­schnei­der, das war eine Inter­ven­ti­on. Sie müs­sen nicht dar­auf ant­wor­ten, Sie kön­nen aber erwidern.

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Ich will nur kurz kom­men­tie­ren, dass ich die asso­zia­ti­ve Fan­ta­sie des Herrn Minis­ter bewundere.

(Bei­fall bei der AfD)

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Herr Pog­gen­burg.

André Pog­gen­burg (AfD):

Ich möch­te in Form einer Kurz­in­ter­ven­ti­on etwas klar­stel­len. Natür­lich waren die Aus­füh­run­gen des Herrn Dr. Till­schnei­der nicht dahin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass eine Wer­tung des Lebens in mehr oder weni­ger wer­tes Leben stattfindet.

(Swen Knö­chel, DIE LINKE: Oh!)

Um Got­tes Willen.

(Swen Knö­chel, DIE LINKE: War­um erzählt er es dann?)

Es ging ganz ein­deu­tig   das möch­te ich fest­ge­hal­ten haben  ‚wenn über­haupt, um eine Wer­tung der Fami­li­en­form, der Kon­stel­la­ti­on vor dem Hin­ter­grund der Erzeu­gung wei­te­ren Lebens und der Erzeu­gung wei­te­rer Gene­ra­tio­nen. Das möch­te man bit­te ganz, ganz deut­lich aus­ein­an­der­hal­ten. Danke.

Prä­si­den­tin Gabrie­le Brakebusch:

Ich sehe kei­ne wei­te­ren Anfragen