Wir wollen so nicht leben!
01.09.16
5. Sitzungsperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt
Die Einbringungsrede zu unserem Gesetzesentwurf, der ein generelles Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit vorsieht.
WIR WOLLEN SO NICHT LEBEN!
“Die AfD-Fraktion greift die derzeitige Debatte um die Gesichtsverschleierung von Frauen muslimischen Glaubens in Deutschland auf. In einem Gesetzentwurf fordert sie das Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum des Landes Sachsen-Anhalt. Das Bedecken des Gesichts beinhalte eine Absage an unsere Werteordnung, so die AfD. Es sei zudem fraglich, ob das Tragen solcher Kleidungsstücke in den Schutzbereich des Grundrechts der Religionsfreiheit falle.” [Landtag von Sachsen-Anhalt]
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Transkript
Wir kommen somit zum Tagesordnungspunkt 16
Erste Beratung
Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum des Landes Sachsen-Anhalt
Gesetzentwurf Fraktion AfD – Drs. 7/287
Einbringer ist Herr Dr. Tillschneider. Sie haben das Wort, Herr Dr. Tillschneider.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
„Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“
Das sind nicht meine Worte. Das sind die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff aus seiner Rede zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2010. Christian Wulff hat damit wahrhaft Geschichte gemacht. Er hat den dümmsten und zugleich gefährlichsten Satz geäußert, der jemals in der politischen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geäußert wurde.
(Beifall bei der AfD – Unruhe)
Sicherlich, es gibt seit ein paar Jahrzehnten ein paar Millionen Muslime in Deutschland.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die gehören dazu!)
Das weiß jeder und das bestreitet niemand. Aber daraus folgt doch nicht, dass der Islam zu Deutschland gehört. Dass sich etwas irgendwo befindet, heißt doch nicht, dass es allein deshalb auch schon dazugehört.
Etwas kann gerade dort sein, wo es nicht hingehört.
(Birke Bull, DIE LINKE: Das stimmt! Das ist wohl wahr!)
Und der Islam, werte Kollegen, gehört mit Sicherheit nicht zu Deutschland. Ich sage das ohne Abneigung. Ich persönlich habe mehr als 15 Jahre meines Lebens dem Studium dieser Kultur gewidmet. Ich habe durchaus einen Sinn für die ganz eigene Schönheit und Würde des Islams.
(Zuruf von Birke Bull, DIE LINKE)
Nur ändert das nichts daran, dass er hier in Deutschland fehl am Platz ist. Mit dem Islam verbindet uns keine gemeinsame historische Erfahrung. Der Islam hat weder unsere Sprache noch unser Denken noch unsere Sitten und Gebräuche noch Kunst und Literatur nennenswert geprägt, sodass wir ihn als einen Teil von uns betrachten könnten. Der Islam ist uns zutiefst fremd und in weiten Teilen ist er mit unserem Wertesystem und unserer Lebensordnung schlechthin unvereinbar.
(Beifall bei der AfD)
Das zeigt sich so deutlich wie vielleicht nirgendwo sonst am Verhältnis von Mann und Frau. In Deutschland und Europa hat sich über die Jahrhunderte eine ich will es so sagen schöne Liberalität im Umgang der Geschlechter entwickelt.
(Birke Bull, DIE LINKE: Klar, dafür sind Sie ja auch Experte!)
Wir haben gelernt, in Freiheit und also durch Sittlichkeit das Verhältnis von Mann und Frau so zu regulieren, dass Familien gegründet werden, Kinder aus ihnen hervorgehen, gut erzogen werden und unsere Gesellschaft fortbesteht. Ganz anders der Islam.
(Eva von Angern, DIE LINKE, lacht – Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist doch Unfug!)
Der Islam kann mit der Spannung, die sich durch die freie Begegnung von Mann und Frau im öffentlichen Raum ergibt, nicht umgehen und löst das Problem brachial, indem er die Frauen aus der Öffentlichkeit verbannt.
Männer und Frauen sind nach islamischer Lehre prinzipiell zu trennen. Alle Frauen, mit denen ein Mann weder verheiratet, noch eng verwandt ist, gehen ihn rein gar nichts an. Er soll keine persönliche Beziehung zu ihnen aufbauen. Sie dürfen ihm deshalb nicht unverschleiert begegnen.
Während nach sunnitisch-orthodoxer Auffassung alles bis auf Gesicht und Handflächen verschleiert werden muss, gehen einige Gruppen so weit, die Frau komplett zu verschleiern. Das ist aus islamischer Sicht keine abseitige Spinnerei, sondern hat durchaus Anknüpfungspunkte in der Tradition.
Der Unterschied zwischen dem Vollschleier und dem sogenannten Hidschab, der immer noch das Gesicht freilässt, ist nur ein gradueller, kein substanzieller Unterschied. Beide dienen dem gleichen Zweck. Niemand hat diese Einstellung und die ihr eigene Dynamik besser beschrieben als der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss am Ende seines Reiseberichts „Traurige Tropen“. Ich zitiere auszugsweise:
„Macht ihr euch Sorgen um die Tugend eurer Gattinnen oder Töchter […]? Nichts einfacher als das: Werft ihnen einen Schleier über und sperrt sie ein. Auf diese Weise gelangt man zum modernen ‚Burkha‘, der sich den Umrissen des menschlichen Körpers genauestens anpasst und ihn dennoch so vollständig wie nur möglich verhüllt. Aber damit hat sich die Grenze der Besorgnis lediglich verschoben; denn um euch zu entehren, reicht es nun schon aus, wenn jemand eure Frau nur leicht berührt, und so quält ihr euch noch viel mehr.
Da die Männer in ihrer Jugend Haremseinbrecher sind, haben sie gute Gründe dafür, sich zu Wächtern des Harems zu machen, sobald sie verheiratet sind.“
Diese Obsession von sexuell definierten Reinheitsvorstellungen, die noch im harmlosesten Handschlag den ersten Schritt hin zum Äußersten vermutet, ist uns zutiefst fremd. Ich will sie trotzdem nicht abwerten. Die islamische Kultur hat eben ihre eigenen Antworten auf die uralten Grundfragen, vor denen jede menschliche Existenz steht. Wir wollen aber nicht, dass diese Einstellung hier Fuß fasst und sich hier ausbreitet. Das ist unser gutes Recht. Wir wollen so nicht leben!
(Beifall bei der AfD)
Und eben deshalb, um ein Zeichen zu setzen, wie Sie immer sagen, um ein Zeichen gegen die uns zutiefst fremde islamische Geschlechtersegregation zu setzen, fordern wir ein Verbot der Vollverschleierung.
Der islamische Schleier in all seinen Varianten ist kein bloßer Ausdruck harmloser individueller Frömmigkeit, ist keine harmlose Devotionalie, sondern vermittelt die Botschaft, dass im öffentlichen Raum die Scharia, die universale islamische Lebensordnung, herrscht. Der Schleier in all seinen Varianten transportiert den Anspruch, die islamische Geschlechtertrennung im öffentlichen Raum durchzusetzen und so das öffentliche Leben islamischer Ordnung zu unterwerfen. Er ist eine politische Machtdemonstration. Bei uns in Deutschland hat dergleichen nichts verloren. Im öffentlichen Raum in Deutschland herrscht nämlich nicht der Islam, sondern unsere christlich geprägte europäisch-deutsche Leitkultur.
(Beifall bei der AfD)
Das Tragen des islamischen Schleiers in all seinen Varianten ist damit zugleich Ausdruck von Integrationsverweigerung. Wer sich hier genau so kleidet wie in Kairo und Kabul, der gibt zu verstehen: Ich passe mich diesem Land nicht an, ich verändere mich nicht; ich bin gekommen, um dieses Land zu verändern. Und genau diese Verweigerung dürfen wir nicht mehr tolerieren. Wir müssen sie mit allen Mitteln, die uns der Rechtsstaat an die Hand gibt und die in der Politik üblich sind, bekämpfen.
(Beifall bei der AfD)
Doch dann treten die juristischen Haarspalter auf den Plan und sagen, es sei grundgesetzwidrig, die Vollverschleierung im öffentlichen Raum zu verbieten. Was soll man davon halten? – Ich sehe, dass es auch andere Juristen gibt, wie etwa Karl Albrecht Schachtschneider, die sagen, dass es möglich ist. Selbst die Rechtsprechung unseres höchsten Gerichts in Karlsruhe schwankt in derlei Fragen. Im Jahr 2003 etwa hat es ein in Landesgesetzen verankertes Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst für rechtens erklärt, im Jahr 2015 dann auf einmal nicht mehr.
Der EuGH hat im Jahr 2014 entschieden, dass ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum mit der Religionsfreiheit vereinbar ist. Ich bin kein Jurist,
(Eva von Angern, DIE LINKE: Das stimmt!)
aber der gesunde Menschenverstand sagt mir: Wenn uns die Religionsfreiheit tatsächlich gebieten sollte, dass wir uns in unserem eigenen Land nicht gegen die islamische Vollverschleierung wehren dürfen, dann sollten wir darüber nachdenken, ob dieses Verständnis der Religionsfreiheit noch zeitgemäß ist.
Wenn wir uns weiterhin den fragwürdigen Luxus gönnen, innerhalb unserer Rechtsordnung ein Verhalten zu tolerieren, das offensiv gegen die kulturellen Grundlagen eben dieser Rechtsordnung gerichtet ist, dann wird es dazu kommen, dass wir eines Tages nicht mehr darüber diskutieren, ob die Vollverschleierung verboten werden soll, sondern darüber, ob sie zur Pflicht erklärt werden soll.
(Swen Knöchel, DIE LINKE, lacht)
Toleranz ist die letzte Tugend einer untergehenden Gesellschaft.
Ein Verbot der Vollverschleierung ist wichtig. Ein Verbot allein reicht aber nicht aus. Flankierend zum Verbot der Vollverschleierung brauchen wir einen grundlegenden Richtungswechsel im Umgang mit den Islamverbänden, etwa mit der DITIB oder dem Zentralrat der Muslime.
Die Islamverbände sind nicht unsere Partner, sie sind unser politischer Gegner. Sie sorgen dafür, dass Muslime in ihrer Herkunftskultur verharren. Sie verhindern Integration. Sie sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
Es kann mir niemand erzählen, dass uns die Religionsfreiheit auch verbietet, die Islamverbände zu bekämpfen, die mehr mit politischen Parteien zu tun haben als mit Religionsgemeinschaften. Ich gewinne immer öfter den Eindruck, dass sich die etablierten Parteien nur hinter der Religionsfreiheit verstecken, um nicht offen eingestehen zu müssen, dass sie gar nicht willens sind, die Islamverbände zu bekämpfen.
(Beifall bei der AfD – Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Was wir brauchen, ist nicht mehr suizidale Toleranz, sondern ein starker Wille zur Selbstbehauptung. An diesem Willen fehlt es allerorten, auch und gerade bei der CDU – leider.
Einige Innenminister hatten ja unter viel Wahlkampfgetöse ein Verbot der Vollverschleierung gefordert. De Maizière aber hat sich dagegen gesperrt, angeblich aus rechtlichen Gründen. Jetzt wird geprüft, wie man zumindest teilweise und auf Umwegen Vollverschleierungsverbote durchsetzen kann, etwa vor Gericht oder im Straßenverkehr.
Liebe Kollegen von der CDU, gestatten Sie mir die Frage: Geht es vielleicht noch etwas verklemmter? – Wir brauchen kein Burka-Verbötchen auf dem Umweg über die Straßenverkehrsordnung. Wir brauchen ein generelles Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum.
Nun werden Sie in der folgenden Debatte sicherlich darauf hinweisen, dass es in Sachsen-Anhalt kaum Muslime gibt. Sie werden von einer Islamophobie ohne Muslime reden und sich darüber auslassen, wie irrelevant unser Gesetzentwurf ist.
Tatsächlich ist der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung in Sachsen-Anhalt noch relativ gering. Interessanterweise hindert Sie das aber nicht daran, in Ihrem Koalitionsvertrag zu erklären, dass sie die Einführung von Islamunterricht prüfen wollen. Ich nehme einmal an, dass es nicht gerade die CDU war, die auf dieser Forderung bestanden hat, sondern vor allem die GRÜNEN und die SPD.
(Zustimmung bei der AfD – Eva von Angern, DIE LINKE: Aber alle haben unterschrieben!)
Da es in Sachsen-Anhalt anders als in NRW noch keine starke Islamlobby gibt, die das gefordert haben könnte, bleibt nur der Schluss, dass Sie aus eigenem Antrieb auf diese hirnverbrannte Idee gekommen sind. Sie treiben ganz gezielt die Islamisierung unseres Landes voran. So zeigt Ihre Politik selbst, dass Widerstand gegen die Islamisierung notwendig ist, auch in Sachsen-Anhalt.
(Beifall bei der AfD)
Gerade weil uns die Islamisierung hier noch kaum erfasst hat, gerade deshalb müssen wir uns ihr widersetzen. Wir haben nämlich hier in Sachsen-Anhalt wie auch in den anderen östlichen Bundesländern die einmalige Chance, die Katastrophe ohne viel Schaden und mit vergleichsweise wenig Aufwand abzuwenden. Und, liebe Kollegen, wir sollten diese Chance nutzen.
Wir werden weitere Maßnahmen ergreifen müssen, ein Verbot des Hijab, also des Schleiers, der das Gesicht freilässt, im öffentlichen Dienst etwa, ein Minarettverbot wie in der Schweiz und selbstverständlich gehört die doppelte Staatsbürgerschaft abgeschafft.
(Beifall bei der AfD)
Ein generelles Verbot der Vollverschleierung als der radikalsten Form der Integrationsverweigerung ist aber ein erster wichtiger Schritt. Dass die Grünen und die Linkspartei diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, dafür habe ich allerdings Verständnis.
(Lachen bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)
Ein allgemeines Verschleierungsverbot würde auch all jene treffen, die sich aus anderen Gründen gern vermummt im öffentlichen Raum bewegen, wie etwa die Antifa.
(Beifall bei der AfD – Birke Bull, DIE LINKE, lacht)
Ihre Klientel müssen Sie natürlich beschützen. Ich appelliere aber an die CDU: Springen Sie in dieser existenziellen Frage über Ihren Schatten.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Mann, Mann, Mann! – Lachen bei der LINKEN und bei den GRÜNEN – Zuruf von Birke Bull, DIE LINKE)
Ihre Kollegen aus anderen Bundesländern, ja Herr Minister Stahlknecht höchst selbst hat so etwas doch schon gefordert. Da kann es Ihnen doch nicht so schwer fallen. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu und helfen Sie mit, die Islamisierung unseres Vaterlandes aufzuhalten.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ach!)
Verhalten Sie sich einmal nicht wie Parteifunktionäre, verhalten Sie sich einmal wie Patrioten.
(Starker Beifall bei der AfD – Lachen bei der LINKEN und bei den GRÜNEN – Robert Farle, AfD, erhebt sich und applaudiert)