KEINE ANPASSUNG UNSERES HOCHSCHULRECHTS AN EU-RECHT!
23.11.16
8. Sitzungsperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt
Eine Auseinandersetzung mit einem Konvolut hochschulpolitischer Gesetzänderungen, debattiert am 23.11.2016 im Landtag von Sachsen-Anhalt.
KEINE ANPASSUNG UNSERES HOCHSCHULRECHTS AN EU-RECHT!
“Das Hochschulzulassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt und das Studentenwerksgesetz müssen aufgrund europarechtlicher und europabeihilferechtlicher Entscheidungen geändert werden. Außerdem ist der „Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung“ durch die Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes zu ratifizieren.” [Landtag von Sachsen-Anhalt]
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Transkript
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesregierung hat mit diesem Antrag ein kleines Sammelsurium an Gesetzesänderungen vorgelegt. Von der Hochschulzulassung über das Widerspruchsverfahren im BAföG bis hin zur Finanzierung des Studentenwerks steht hier einiges recht disparat nebeneinander. Da es sich in einem Fall um einen Staatsvertrag und in zwei Fällen um Anpassungen an EU-Recht handelt, meint die Landesregierung wohl, die Zustimmung sei alternativlos und da könne man alles im Block behandeln.
Wissen Sie, nichts in der Politik ist alternativlos. Diese Lektion müssten wir Ihnen doch mittlerweile beigebracht haben.
(Beifall bei der AfD)
Das Studentenwerksgesetz Sachsen-Anhalt soll geändert werden, weil Zuwendungen des Landes an das Studentenwerk in der bisherigen Form mit EU-Beihilferecht im Konflikt stehen. Eine staatliche Beihilfe im Verständnis der Europäischen Union ist – so führt die Landesregierung aus – immer dann gegeben, wenn eine Finanzierung aus staatlichen Mitteln zu einer Begünstigung eines Unternehmens und damit zu einer möglichen potenziellen Wettbewerbsverfälschung führt. – So weit, so gut.
Das Studentenwerk aber ist doch kein Unternehmen. Welches Unternehmen steht denn zu ihm in Konkurrenz, sodass ein Wettbewerb verfälscht werden könnte? Ein Studentenwerk ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und erbringt notwendige Dienstleistungen, die unter Daseinsfürsorge zu subsummieren sind.
Die EU-Gesetzgebung zeigt wieder einmal, dass sie von einer neoliberalen Ideologie durchdrungen ist, die losgelöst von den Lebensbedürfnissen der europäischen Völker alles zum Unternehmen erklärt, womit sich theoretisch Geld verdienen ließe. Wir lehnen diese Ideologie des totalen Marktes ab und infolgedessen auch diese Gesetzesänderung.
Wegen Kollision mit EU-Recht will die Landesregierung aber nicht nur das Studentenwerksgesetz, sondern auch unser Hochschulzulassungsgesetz ändern. Wenn sich Studenten eines höheren Semesters um einen Studienplatz in Sachsen-Anhalt bewerben, haben Studenten, die an einer deutschen Hochschule eingeschrieben sind, nach jetziger Rechtslage Vorrang. Darin erkennt die EU-Kommission eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.
Ich sage dazu Folgendes: In Großbritannien zahlen internationale Studenten höhere Gebühren als einheimische. In Malta ist das Studium für Landeskinder frei, während Studenten aus dem Ausland unter Umständen bezahlen müssen. Allerorten werden Landeskinder besser gestellt, was nur gut und recht ist. Wenn wir unsere Universitäten mit unseren Steuergeldern unterhalten, wollen wir doch auch, dass unsere Kinder in besonderer Weise davon profitieren.
(Beifall bei der AfD)
Überhaupt würden wir gut daran tun, das, was von der EU kommt, nicht mehr allzu wichtig zu nehmen. Denn sollte Marine Le Pen es im kommenden Jahr Donald Trump gleichtun und zur französischen Präsidentin gewählt werden – ich würde es ihr von Herzen wünschen -,
(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
dann müssen wir uns über eine Anpassung unseres Hochschulrechts an EU-Recht keine Gedanken mehr machen. Und das wäre auch gut so.
(Beifall bei der AfD)
So viel zu den Änderungen, die mit EU-Recht zusammenhängen.
Abgesehen davon soll das Widerspruchsverfahren für das studentische BAföG auf die Ämter für Ausbildungsförderung bei den Studentenwerken übertragen werden. Wir haben uns darüber mit Betroffenen unterhalten und konnten nicht feststellen, dass die Neuregelung Nachteile brächte, weshalb wir dieser Änderung zustimmen.
Schlussendlich soll der Staatsvertrag über die gemeinsame Einrichtung für Hochschulzulassung vom 17. März 2016 umgesetzt werden. Ziel ist eine Optimierung der zentralen Vergabe von Studienplätzen. Alle NC-Fächer sollen in dasselbe Verfahren, das sogenannte dialogorientierte Serviceverfahren, einbezogen werden. Bei diesem Verfahren werden Mehrfachbewerbungen zentral registriert und priorisiert, sodass einmal die Studienbewerber das für sie bestmögliche Ergebnis erzielen und die Universitäten mehr Planungssicherheit haben.
Die Linkspartei kritisiert an diesem Staatsvertrag, dass die Hochschulen nicht zum Mitmachen verpflichtet werden. Gerade das aber macht die Gesetzesänderung aus unserer Sicht akzeptabel.
Gegen diesen weiteren Zentralisierungsschritt ist nichts einzuwenden, solange es sich um ein Angebot an die Universitäten handelt und die Universitäten auch bei einer Teilnahme immer noch die Möglichkeit haben, Studenten direkt auszuwählen.
Was uns jedoch stört ist, dass beim Auswahlverfahren selbst wieder einmal nicht auf Qualifikation abgestellt wird, sondern Vorabquoten reserviert sein sollen, beispielsweise für ausländische Staatsangehörige, die Deutschen nicht gleichgestellt sind, also Bewerber ohne deutsches Abitur.
Alle Sozialquoten zusammengenommen sind zwar auf 20 % beschränkt, trotzdem widerspricht dieses Quotendenken unserem Grundsatz: Qualifikation statt Quote. Deshalb werden wir uns bei diesem Gesetz der Stimme enthalten. Wir hoffen doch sehr, dass diese Gesetzesänderungen, gleichwohl sie im Block debattiert werden, wenn es so weit ist, einzeln abgestimmt werden.
(Beifall bei der AfD)