5. Mai 2017

DIE LINKE LEIER BEENDEN – BILDUNGSSYSTEM ENTSOZIALDEMOKRATISIEREN!

05.05.17
13. Sitzungsperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt

Rede anläß­lich eines Antrags der Frak­ti­on Lin­ken zur Bil­dungs­po­li­tik und einer von der Frak­ti­on der SPD gefor­der­ten bil­dungs­po­li­ti­schen Gene­ral­de­bat­te im Land­tag von Sachsen-Anhaltssen.

DIE LINKE LEIER BEENDEN – BILDUNGSSYSTEM ENTSOZIALDEMOKRATISIEREN!

Die SPD-Frak­ti­on hat eine Aktu­el­le Debat­te zum The­ma „Qua­li­tät der Unter­richts­ver­sor­gung im Schul­jahr 2017/2018 sichern“ bean­tragt. Par­al­lel dazu soll ein Antrag der Frak­ti­on DIE LINKE behan­delt wer­den, in dem sie sich für die schnellst­mög­li­che Aus­schrei­bung und Beset­zung der frei­en Leh­rer­stel­len in Sach­sen-Anhalt stark­macht.” [Land­tag von Sach­sen-Anhalt]


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Transkript

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der (AfD):

Herr Prä­si­dent! Sehr geehr­te Damen und Her­ren! Die Frak­ti­on DIE LINKE erin­nert mich an eine Dreh­or­gel, zu deren immer glei­cher Melo­die ein beschränk­tes Reper­toire an Lie­dern vor­ge­tra­gen wird.

(Hei­ter­keit und Zustim­mung bei der AfD – Zuruf von Tho­mas Lipp­mann, DIE LINKE)

Da ist die erschröck­li­che Mori­tat von der rech­ten Gefahr, da ist die Bal­la­de von der sexu­el­len Viel­falt, das Lob­lied auf die Mas­sen­ein­wan­de­rung und das Jam­mer­lied vom Lehrermangel.

(Hei­ter­keit und Zustim­mung bei der AfD – Zuruf von Sebas­ti­an Strie­gel, GRÜNE)

Egal, wie oft gibt die Bän­kel­sän­ger Qua­de, Lipp­mann und Genos­sen ihre Lei­er schon abge­spielt haben,

(Zuruf von Swen Knö­chel, DIE LINKE)

sie wer­den nicht müde, mit immer neu­em Schwung am Kas­ten zu dre­hen und die immer glei­che Lei­er anzustimmen,

(Zustim­mung bei der AfD – Zuruf von Olaf Meis­ter, GRÜNE)

in der Hoff­nung, dass die vor­über­ge­hen­den Wäh­ler ihre Stim­men in den Hut wer­fen. – Doch ach, der Hut füllt sich nicht so wie erhofft!

(Zuruf von Tho­mas Lipp­mann, DIE LINKE)

Beim letz­ten Mal waren es nur 16,3 % und beim nächs­ten Mal wer­den es garan­tiert nicht mehr; denn das Publi­kum, das an der­lei Dar­bie­tun­gen Geschmack fin­det, stirbt lang­sam weg.

(Bei­fall bei der AfD)

Wie dem auch sei, heu­te wol­len Sie wie­der ein­mal das Jam­mer­lied vom Leh­rer­man­gel auf­füh­ren. Das geht unge­fähr so: O weh, o weh! Wir brau­chen mehr Leh­rer, und zwar sofort, sonst geht die Schu­le zugrun­de. Wir brau­chen 500, schreibt sie aus! Wenn wir 500 aus­schrei­ben, wer­den wir schon genug fin­den, und wenn wir 1 000 aus­schrei­ben, auch. Hät­te also irgend­wer Lust, sich zu mel­den? Diplo­mier­te Taxi­fah­rer, die des Taxi­fah­rens über­drüs­sig sind,

(Prof. Dr. Ange­la Kolb-Jans­sen, SPD, lacht)

Über­set­zer und Dol­met­scher mit schlech­ter Auf­trags­la­ge, Call­cen­ter-Agen­ten mit mise­ra­blem Uni­ver­si­täts­ab­schluss und Sehn­sucht nach etwas Abwechs­lung – jeder wird genommen.

Das Minis­te­ri­um aber schreibt nicht genug Stel­len aus. Wes­halb schreibt es nicht genug Stel­len aus? – Weil es trä­ge ist, ver­stockt und geizig.

(Hei­ter­keit und Zustim­mung bei der AfD)

Also muss DIE LINKE ran. DIE LINKE öff­net die Tore. DIE LINKE öff­net die Schleu­sen. DIE LINKE lässt alle an die Schu­le und alle ins Land. Wenn DIE LINKE das Sagen hat, wird es Man­na vom Him­mel reg­nen, und das Para­dies auf Erden ist da.

(Hei­ter­keit und Bei­fall bei der AfD)

So unge­fähr geht das Jam­mer­lied vom Lehrermangel.

Ich sage nicht, dass es ihn nicht gibt, den Leh­rer­man­gel, nur sind die Lin­ken die­je­ni­gen, die am aller­we­nigs­ten von allen in die­sem Haus begrif­fen haben, wie ihm bei­zu­kom­men ist. Wenn Sie den Leh­rer­man­gel wirk­lich lin­dern wollen,

(Zuru­fe von Ste­fan Geb­hardt, DIE LINKE, und von Bir­ke Bull-Bisch­off, DIE LINKE)

dann reak­ti­vie­ren Sie pen­sio­nier­te Lehrer,

(Lachen bei und Zuru­fe von der LINKEN)

dann been­den sie den Inklusionsirrsinn,

(Bei­fall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Jawohl!)

dann ent­las­ten Sie die Schu­le von allen Auf­ga­ben, die kei­ne schu­li­schen sind, dann för­dern sie Fami­li­en, damit die fami­liä­re Erzie­hungs­leis­tung nicht den Schu­len auf­ge­bür­det wird und dort viel wert­vol­le Zeit frisst, dann neh­men Sie die Flücht­lings­kin­der aus den Regel­klas­sen, dann ent­bü­ro­kra­ti­sie­ren Sie die Leh­rer­aus­bil­dung und sor­gen Sie dafür, dass der Leh­rer­be­ruf wie­der attrak­ti­ver wird,

(Zuruf von Ste­fan Geb­hardt, DIE LINKE)

und dann pfei­fen Sie auf die Emp­feh­lun­gen des Wis­sen­schafts­ra­tes und las­sen zu, dass in Hal­le und Mag­de­burg Leh­rer aus­ge­bil­det wer­den können.

(Ste­fan Geb­hardt, DIE LINKE: Das soll­te man auf die AfD anwenden!)

Wür­den Sie all das ernst­haft in Angriff neh­men, hät­ten wir den Leh­rer­man­gel und neben­bei so man­ches ande­re Pro­blem an unse­ren Schu­len schon längst behoben.

(Zustim­mung bei der AfD)

Aber nein, DIE LINKE for­dert wie ein trot­zi­ges Kind, das kei­ne Rea­li­tät außer­halb sei­ner fixen Ideen wahr­zu­neh­men weiß, ein­fach nur mehr Leh­rer, mehr Leh­rer und noch­mals mehr Lehrer.

Im Übri­gen setzt die Links­frak­ti­on gro­ße Hoff­nun­gen auf die Aus­schrei­bungs­mo­da­li­tä­ten. Unter Punkt 3 ihres Antrags heißt es – ich zitiere -:

„Die Lan­des­re­gie­rung wird wei­ter auf­ge­for­dert, Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren anzu­wen­den, die neben der schul- und fächer­kon­kre­ten Aus­schrei­bung auch Aus­schrei­bun­gen nach Schul­for­men und Regio­nen enthalten …“

Jetzt ist es end­lich her­aus! Das also ist die Patent­lö­sung: Wir brau­chen Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren, die neben der schul- und fächer­kon­kre­ten Aus­schrei­bung auch Aus­schrei­bun­gen nach Schul­for­men und Regio­nen ent­hal­ten. Wenn wir das mal frü­her gewusst hätten!

Die Schu­len ste­cken in der tiefs­ten Kri­se der letz­ten Jahr­zehn­te. Es gibt nicht genug Leh­rer, Flücht­lings- und Migran­ten­kin­der stö­ren den Betrieb, immer mehr Kin­der aus pre­kä­ren Ver­hält­nis­sen belas­ten die Schule.

Und was macht DIE LINKE? – Sie schwa­dro­niert von irgend­wel­chen Aus­schrei­bungs­mo­da­li­tä­ten für Lehr­kräf­te und hofft, damit die Schu­le zu ret­ten. Das ist eine tech­no­kra­ti­sche Korin­then­ka­cke­rei, die in unge­bro­che­ner Tra­di­ti­ons­li­nie auf den Geist zurück­geht, der wohl einst in den Schalt­stel­len der SED-Par­tei­ad­mi­nis­tra­ti­on geherrscht haben dürfte.

(Hei­ter­keit bei der AfD)

So viel zu der LINKEN.

Die SPD wie­der­um hat eine Gene­ral­de­bat­te zu den Bedin­gun­gen guter Bil­dung ein­ge­for­dert. Ich bin sehr dank­bar dafür, dass der Antrag der LINKEN und die Debat­te der SPD zusam­men­ge­fasst wur­den und so zumin­dest die Zeit­ver­schwen­dung hal­biert wurde.

(Bei­fall bei der AfD – André Pog­gen­burg, AfD: Jawohl! – Hen­drik Lan­ge, DIE LINKE: Zur Zeit­ver­schwen­dung kom­men wir nach­her noch, Herr Tillschneider!)

Nichts gegen Grund­satz­de­bat­ten – ganz im Gegen­teil: Hier muss viel mehr über Grund­sät­ze debat­tiert wer­den. Aber eine Grund­satz­de­bat­te zur Bil­dungs­po­li­tik hat­ten wir doch schon anläss­lich der Regie­rungs­er­klä­rung von Minis­ter Tull­ner Anfang Febru­ar 2017. Und ich sehe nicht, was sich seit­dem an Neu­em erge­ben hät­te, sodass wir jetzt wie­der eine Grund­satz­de­bat­te zur Bil­dungs­po­li­tik füh­ren müssten.

Anstatt drei Mona­te nach der letz­ten Grund­satz­de­bat­te zur Bil­dungs­po­li­tik die nächs­te anzu­zet­teln, soll­te die SPD ein­mal in sich gehen und dar­über nach­den­ken, was sie falsch gemacht hat, trägt doch gera­de die SPD so viel Schuld am Nie­der­gang unse­res Bil­dungs­we­sens wie kei­ne ande­re Partei.

(Bei­fall bei der AfD)

Mitt­ler­wei­le haben sich die Ver­hält­nis­se etwas nivel­liert, aber wis­sen Sie, das Abitur in Län­dern, die unun­ter­bro­chen oder über­wie­gend von der CDU oder der CSU regiert wur­den, wie etwa Bay­ern oder Sach­sen, ist immer noch deut­lich mehr wert als das Abitur in Län­dern, die als SPD-Hoch­bur­gen gel­ten, wie Bre­men oder NRW. Und das ist durch­aus ein auf­schluss­rei­cher Indikator.

Im Grun­de weiß es jeder: Die SPD kann kei­ne Bil­dungs­po­li­tik auf die Bei­ne stel­len. Die SPD kann nur bestehen­de Sub­stanz her­un­ter­wirt­schaf­ten, dar­in aller­dings ist sie ein­sa­me Spitze.

(Bei­fall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Die SPD hat in NRW und anders­wo ange­fan­gen, den Abitu­ri­en­ten­an­teil hoch­zu­trei­ben, indem die Maß­stä­be abge­senkt wur­den. Damit hat die SPD funk­tio­nie­ren­de Bil­dungs­sys­te­me ohne Not rui­niert. Man hat das angeb­lich getan, damit mehr Arbei­ter­kin­der Abitur machen, wobei ich, wenn ich Arbei­ter­kind wäre, ganz ehr­lich gesagt, auf sol­che Kom­pli­men­te ver­zich­ten könnte.

(Lydia Fun­ke, AfD: Ja!)

Gleich­ma­che­rei, Noten­in­fla­ti­on, Infla­ti­on der Abschlüs­se – das ist die Essenz der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Bil­dungs­po­li­tik. Und Sie wol­len uns hier erzäh­len, wie Bil­dungs­po­li­tik geht? – Lächer­lich! Sie sind nicht Teil der Lösung, Sie sind Teil des Problems!

(Bei­fall bei der AfD)

Wenn wir die Kri­se unse­res Bil­dungs­we­sens über­win­den wol­len, müs­sen wir es zuerst gründ­lich entsozialdemokratisieren.

(Zuru­fe von der LINKEN)

Das heißt in aller Kür­ze     Ich wie­der­ho­le jetzt die Grund­zü­ge mei­nes Bei­trags von Anfang Febru­ar, aber Sie wol­len das alles ja noch ein­mal hören, sonst hät­ten Sie kei­ne Gene­ral­de­bat­te beantragt.

(Hei­ter­keit und Zustim­mung bei der AfD)

Also noch ein­mal: ers­tens zurück zu einem drei­glied­ri­gen leis­tungs­ori­en­tier­ten Schul­sys­tem aus Haupt­schu­le, Real­schu­le und Gymnasium,

(Zuruf von der AfD)

zwei­tens zurück zur strengs­ten Ziel­gleich­heit. Pro Klas­se ist ein Lern­ziel defi­niert. Wer es nicht erreicht, wie­der­holt oder steigt in die nächst­nied­ri­ge Schul­form ab.

(Bir­ke Bull-Bisch­off, DIE LINKE: Son­der­schu­len nicht! – Hei­ter­keit bei der LINKEN – Wei­te­re Zuru­fe von der LINKEN)

Drit­tens Unter­richt nach den bewähr­ten Metho­den und Kul­tur­tech­ni­ken statt För­de­rung digi­ta­ler Demenz,

(Zuruf von Tho­mas Lipp­mann, DIE LINKE)

vier­tens sofor­ti­ger Abbruch aller Inklu­si­ons­expe­ri­men­te an der Schu­le und Aus­bau der För­der­schu­len für unse­re behin­der­ten Kinder,

(Bei­fall bei der AfD)

fünf­tens Reha­bi­li­ta­ti­on von Leis­tung und Kon­kur­renz und ein Ende der Kuschelpädagogik,

sechs­tens Ent­ideo­lo­gi­sie­rung der Schu­le und Kon­zen­tra­ti­on auf ihre Kern­auf­ga­be, Kom­pe­ten­zen zu ver­mit­teln, und zwar nicht soge­nann­te Soft Skills, son­dern ech­te Kom­pe­ten­zen wie Lesen, Schrei­ben und Rechnen.

(Bei­fall bei der AfD – Tobi­as Rausch, AfD: Jawohl!)

Solan­ge das nicht umge­setzt ist, kön­nen Sie so viel über Bil­dung debat­tie­ren, wie Sie wol­len, Sie wer­den doch nur tech­no­kra­ti­sche Schein­de­bat­ten füh­ren, kei­nen Mil­li­me­ter vor­an­kom­men und den schlei­chen­den Nie­der­gang unse­res Bil­dungs­we­sens garan­tiert nicht aufhalten.

(Leb­haf­ter Bei­fall bei der AfD – André Pog­gen­burg, AfD: Bravo!)