Der hat „Neger“ gesagt!
Um zu ermessen, wie weit wir schon im Sumpf der politischen Korrektheit versunken sind, reicht folgender Hinweis: 1999 durfte in der vom Staatsfunk produzierten und ausgestrahlten Serie „Unser Lehrer Doktor Specht“ der Schauspieler Robert Atzorn alias Dr. Specht den Begriff „Neger“ verteidigen und gegen die politische Korrektheit wettern, was das Zeug hält (https://www.youtube.com/watch?v=rom-gYPm-4w). Nur knapp 20 Jahre später gerät ausgerechnet in einer dezidiert migrationskritischen und gegen die politische Korrektheit gerichteten Partei ein Bundestagsabgeordneter massiv unter Druck, weil einer seiner Mitarbeiter in einem Tweet den Sohn von Boris Becker „Halbneger“ genannt haben soll.
Dazu muß man wissen, daß sich der halbweiße (oder halbschwarze, sucht es Euch aus) Noah Becker darüber beschwert hat, daß Berlin im Gegensatz zu New York noch eine weiße Stadt ist. Über diesen antiweißen Rassismus indessen regt sich bislang niemand aus unserer Partei auf. Als direkte Antwort auf die Provokation von Noah Becker kann der „Halbneger“-Post als ironisierende, folglich nicht ganz ernst gemeinte Umkehr der antiweiß-rassistischen Aussage über Berlin verstanden werden.
An die Adresse von Noah Becker würde ich dann sagen: Wer austeilt, muß auch einstecken können. Oder sind nur Schwarze rassistisch angreifbar, nicht auch Weiße? Genau diesen Doppelstandard, der Schwarze zu Unberührbaren erklärt und Weiße beliebigen Beleidigungen ausliefert, gilt es kenntlich zu machen und zu kritisieren. Der Tweet hat das versucht, es ist allerdings mißglückt. Schwamm drüber!
Das wäre eine Möglichkeit, den Text zu verstehen. Dagegen könnte man immer noch einwenden, daß der Begriff „Neger“ ebenso wie „Zigeuner“ keine Beleidigung darstellt, sondern eine neutrale Bezeichnung eines Dunkelhäutigen. Ja, die Ächtung dieser Begriffe selbst scheint im Grunde von einer heimlichen Verachtung der bezeichneten Sache her zu rühren, führt sie doch dazu, daß ein neuer Begriff gesucht wird, der dann aber nach einiger Zeit wiederum beleidigend erscheint, so, als färbe die Sache auf ihn ab usw. Zuerst hieß es Krüppel, dann Behinderte, dann Andersbegabte. Und auch „Andersbegabte“ wurde schon so oft mit bitterbösen Untertönen verwendet, daß es nicht mehr lange dauert, bis die Zensoren der Meinung sind, es müsse anders heißen. Wäre es da nicht besser, wir würden diese Flucht vor der Wirklichkeit einmal beenden?
Aber die Gnade einer solch sachlichen Auseinandersetzung wurde Jens Maier nicht zuteil. Der Kontext egal; der Umstand, daß es ein Mitarbeiter und nicht einmal er selbst war, egal; alles egal – die Meute, ja sogar Meuthen will ihn nicht ungeschoren davonkommen lassen. „Der hat Neger gesagt, der muß weg!“ (Harald Schmidt).
Daß der dumm-blasierte, die Masseneinwanderung leidenschaftlich verteidigende Till Schweiger Jens Maier für vogelfrei hält und meint, ihn straflos einen „widerlichen Drecksack“ nennen zu können – geschenkt! Aber daß führende Vertreter der eigenen Partei, die angetreten ist, gegen eine zunehmend restriktiver auftretende politische Korrektheit die Spielräume des Sagbaren wieder zu erweitern, nun gegen Maier vorgehen, ist ein Armutszeugnis und eine Bankrotterklärung zugleich. Wer auf die politische Korrektheit schimpft und das Zensurgesetz von Heiko Maas kritisiert, aber einen Bundestagsabgeordneten zum Mandatsverzicht auffordert, nur, weil er „Neger“ gesagt haben soll, den nenne ich einen Heuchler!
Unsere eigene Partei zementiert Sprechverbote, unsere eigene Partei verengt den Radius des Sagbaren, denn nach der causa Maier wird, ganz gleich wie sie ausgeht, es niemand wagen, noch einmal „Neger“ zu sagen. Genauso wie nach der causa Höcke niemand es wagen wird, den deutschen Schuldkult grundsätzlich zu hinterfragen. Was Sieferle mit seinem Finis Germania erreicht hat – einige in der AfD machen es wieder zunichte.
Daran muß sich grundsätzlich etwas ändern. Die AfD hat beachtliche Wahlerfolge errungen, aber noch nichts, noch rein gar nichts erreicht. Noch immer geht in diesem Land alles in die falsche Richtung und unter Beihilfe der AfD hat die politische Korrektheit an Schärfe gewonnen. Dies liegt zur Hauptsache daran, daß gewisse Kreise die Angriffe von außen nutzen, um damit gegen jene vorzugehen, die sie für ihren Feind in der Partei halten. Hätte die AfD gegen diese Angriffe auf Höcke, Maier, Poggenburg und andere zusammengestanden, hätte also der Feind gemerkt, daß er uns damit nicht entzweien kann, er hätte die Themen fallen gelassen und wir hätten ein Stück Diskursraum zurückerobert. So führen wir nur Rückzugsgefechte. Dafür aber sind wir nicht gewählt worden.
In unseren Wahlergebnissen liegt viel Vertrauensvorschuß. Beteiligen wir uns nicht an einem politischen Diskurs, der schweigt, wenn ein 15jähriges Mädchen von einem afghanischen Eindringling bestialisch ermordet wird, und Hasswellen produziert, wenn jemand „Neger“ sagt. Till Schweiger hält die afghanische Mordbestie nicht für einen „widerlichen Drecksack“, aber Jens Maier, weil er „Neger“ gesagt hat. Beenden wir dieses Spiel! Plappern wir nicht die hohlen Phrasen von „Ausländerfeindlichkeit“ nach, sondern kritisieren wir diese Begriffe und ihren Gebrauch. Das – und nichts anderes – ist die Aufgabe der AfD.
Hans-Thomas Tillschneider