14. März 2023

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetz­ent­wurf vom 14. März 2023
Druck­sa­che 8/2354

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt 

Der Land­tag wol­le beschließen:

Gesetz zur Ände­rung des Schul­ge­set­zes des Lan­des Sachsen-Anhalt

Begrün­dung

anlie­gend.

Oli­ver Kirchner

Frak­ti­ons­vor­sitz

 

Ent­wurf

Gesetz zur Ände­rung des Schul­ge­set­zes des Lan­des Sachsen-Anhalt.

 

§ 1

 

Das Schul­ge­setz des Lan­des Sach­sen-Anhalt (SchulG LSA) in der Fas­sung der Bekannt­ma­chung vom 9. August 2018, zuletzt geän­dert durch Arti­kel 2 des Geset­zes vom 17. Janu­ar 2023 (GVBl. LSA S. 2), wird wie folgt neu gefasst:

 

1.  § 4 Abs. 5 erhält fol­gen­den neu­en Wortlaut:

„Die Erzie­hungs­be­rech­tig­ten erhal­ten eine ver­bind­li­che Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung für die Wahl des wei­te­ren Bil­dungs­gan­ges nach dem 4. Schul­jahr­gang. Zur Vor­be­rei­tung der Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung sind im Lau­fe des ers­ten Schul­halb­jah­res des 4. Schul­jahr­gan­ges lan­des­ein­heit­li­che Ori­en­tie­rungs­ar­bei­ten durch­zu­füh­ren. Die­se beinhal­ten ein Dik­tat, einen Auf­satz und eine Mathe­ma­tik­prü­fung. Die Arbei­ten wer­den von der jewei­li­gen Schu­le beno­tet. Die Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung muss auf der Grund­la­ge der Ergeb­nis­se der Ori­en­tie­rungs­ar­bei­ten und den im ers­ten Schul­halb­jahr des 4. Schul­jahr­gangs erziel­ten Leis­tun­gen erteilt wer­den. Die Ein­zel­hei­ten der Ertei­lung der Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung und des Ver­fah­rens regelt die obers­te Schul­be­hör­de durch Ver­ord­nung. Die obers­te Schul­be­hör­de trifft die Aus­wahl der Ori­en­tie­rungs­ar­bei­ten und erlässt Vor­ga­ben zu ihrer Bewertung.“

 

2.  § 34 Absatz 2 erhält fol­gen­den neu­en Wortlaut:

„Die Erzie­hungs­be­rech­tig­ten wäh­len ent­spre­chend den Nei­gun­gen und Fähig­kei­ten ihrer Kin­der den wei­te­ren Bil­dungs­gang nach dem 4. Schul­jahr­gang. Wenn kei­ne Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung im Sin­ne von § 4 Abs. 5 für das Gym­na­si­um vor­liegt, ist die Auf­nah­me von Schü­le­rin­nen und Schü­lern in ein öffent­li­ches Gym­na­si­um oder in den Gym­na­si­al­zweig einer öffent­li­chen Gesamt­schu­le in koope­ra­ti­ver Form von einer erfolg­rei­chen Eig­nungs­fest­stel­lung abhän­gig. Die Ein­zel­hei­ten der Eig­nungs­fest­stel­lung und des Ver­fah­rens regelt die obers­te Schul­be­hör­de durch Ver­ord­nung. Schu­len in frei­er Trä­ger­schaft kön­nen eine gleich­wer­ti­ge Eig­nungs­fest­stel­lung durchführen.“

 

3.  § 34 Absatz 3 erhält fol­gen­den neu­en Wortlaut:

„Ein Wech­sel der Bil­dungs­gän­ge oder Schul­for­men in der Sekun­dar­stu­fe I muss von der Erfül­lung bestimm­ter Leis­tungs­vor­aus­set­zun­gen abhän­gig gemacht wer­den. Die Schu­le ist ver­pflich­tet, Schü­le­rin­nen und Schü­ler nach einem Wech­sel des Bil­dungs­gan­ges oder der Schul­form beson­ders zu för­dern. Die Ein­zel­hei­ten der Auf­la­gen­er­tei­lung und des Ver­fah­rens sowie der Bestim­mung der zu erfül­len­den Leis­tungs­vor­aus­set­zun­gen regelt die obers­te Schul­be­hör­de durch Verordnung.“

§ 2

 Die­ses Gesetz tritt am Tag nach sei­ner Ver­kün­dung in Kraft.

 

Begrün­dung

 

A. All­ge­mei­ner Teil

 

In Sach­sen-Anhalt haben die Erzie­hungs­be­rech­tig­ten für ihr Kind bzw. die voll­jäh­ri­gen Schü­ler das freie und allei­ni­ge Wahl­recht bezüg­lich der wei­ter­füh­ren­den Schu­le. Die Schu­le über­nimmt für die Über­tritts­ent­schei­dung nur eine bera­ten­de Funktion.

 

Die Ver­bind­lich­keit der Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung wur­de in Sach­sen-Anhalt im Schul­jahr 2010/2011 abge­schafft. Dies stellt sich als Feh­ler her­aus. Die Hoch­schu­len wer­den von immer mehr Stu­dier­wil­li­gen geflu­tet, die nach Ansicht von Exper­ten wie dem Prä­si­den­ten der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz, Peter-André Alt, „nicht mehr fürs Stu­di­um geeig­net“ sind.[1] Die glei­che Erschei­nung ist in Aus­bil­dungs­be­ru­fen fest­zu­stel­len. Schü­le­rin­nen und Schü­ler wer­den den Anfor­de­run­gen in Stu­di­um und Aus­bil­dung immer weni­ger gerecht.

 

Die fehl­ge­lei­te­te Aus­sicht auf einen Aka­de­mi­ker­sta­tus haben u. a. zu dem ekla­tan­ten Fach­kräf­te- und Hand­wer­ker­man­gel bei­getra­gen. Falsch ver­stan­de­ner Ehr­geiz und die medi­al wie gesell­schaft­lich ver­mit­tel­te Min­der­stel­lung von Bil­dungs­ab­schlüs­sen unter­halb des Abiturs sind zu oft die aus­schlag­ge­ben­den Punk­te, um einen nicht den Leis­tungs­fä­hig­kei­ten sowie der Leis­tungs­be­reit­schaft ent­spre­chen­den Bil­dungs­weg einzuschlagen.

 

Stu­di­en bele­gen zudem, dass nach Leis­tung erteil­te ver­bind­li­che Bil­dungs­we­ge auch zu einem höhe­ren Leis­tungs­ni­veau füh­ren und Lern­an­rei­ze set­zen, die ver­bes­ser­te schu­li­sche Kom­pe­ten­zen bewir­ken.[2]

 

Den Schu­len soll es zukünf­tig oblie­gen, nach Qua­li­täts­maß­stä­ben und Leis­tungs­stan­dards, die sich in einer aktu­el­len Leis­tungs­be­ur­tei­lung und einer wei­ter­hin zu erwar­ten­den Leis­tungs­be­reit­schaft bzw. eines zu erwar­ten­den Lern­ver­hal­tens mani­fes­tiert sowie der Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung, eine ver­bind­li­che Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung für Schü­ler aus­zu­spre­chen. Es erfolgt dem­zu­fol­ge eine Nega­tiv­aus­wahl für die­je­ni­gen Schü­ler, bei denen der erfolg­rei­che Abschluss des höhe­ren Bil­dungs­gangs nicht zu erwar­ten ist.

 

Somit erhal­ten Schü­ler eine objek­ti­ve Ein­schät­zung ihrer tat­säch­li­chen Inter­es­sen und Fähig­kei­ten und kön­nen früh­zei­tig und best­mög­lich auf ihren wei­te­ren Lebens- und Berufs­weg vor­be­rei­tet wer­den. Durch die frü­he leis­tungs­ge­rech­te Ori­en­tie­rung kön­nen die Schü­ler geziel­ter geför­dert wer­den und erhal­ten die Mög­lich­keit, ihre Poten­tia­le bes­ser auszuschöpfen.

Unab­hän­gig von der ver­bind­li­chen Lauf­bahn steht ihnen jedoch nach dem Prin­zip der Durch­läs­sig­keit die Mög­lich­keit offen, durch ent­spre­chen­de Leis­tungs­nach­wei­se den höhe­ren Bil­dungs­weg nach­träg­lich zu beschreiten.

 

Eine Aus­le­se auf dem Bil­dungs­weg ist unver­zicht­bar, um den Niveau­ver­lust und sin­ken­de Anfor­de­run­gen im Schul­un­ter­richt abzu­brem­sen und per­spek­ti­visch das Leis­tungs­ni­veau der Schü­ler zu steigern.

 

B. Beson­de­rer Teil

Zu den ein­zel­nen Vorschriften:

Zu § 1 (Schul­ge­setz des Lan­des Sachsen-Anhalt)

Zu Num­mer 1 (§ 4 Abs. 5 SchulG LSA)

Lan­des­weit ein­heit­li­che Ori­en­tie­rungs­ar­bei­ten tra­gen zur bes­se­ren Ver­gleich­bar­keit der indi­vi­du­el­len Fähig­kei­ten der Schü­le­rin­nen und Schü­ler bei. Die Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung erfolgt nach objek­ti­ven Maß­stä­ben auf Grund­la­gen der Leis­tun­gen in den Ori­en­tie­rungs­ar­bei­ten und im ers­ten Schul­halb­jahr des 4. Schul­jahr­gan­ges. Damit wird sicher­ge­stellt, dass alle Erzie­hungs­be­rech­tig­ten in Kennt­nis und in Berück­sich­ti­gung der Eig­nung ihres Kin­des über den wei­te­ren Bil­dungs­weg ent­schei­den.

Zu Num­mer 2 (§ 34 Abs. 2 SchulGLSA)

Die Wahl des wei­te­ren Bil­dungs­we­ges nach dem 4. Schul­jahr­gang erfolgt ver­bind­lich auf der Grund­la­ge der aus­ge­spro­che­nen Schul­lauf­bahn­emp­feh­lung. Die Auf­nah­me in ein Gym­na­si­um oder in den Gym­na­si­al­zweig einer Gesamt­schu­le in koope­ra­ti­ver Form ist für Schü­le­rin­nen und Schü­ler, die kei­ne Schul­lauf­bahn für das Gym­na­si­um erhal­ten haben, von einer erfolg­rei­chen Leis­tungs­fest­stel­lung abhän­gig. Die Ein­zel­hei­ten wer­den durch Ver­ord­nung geregelt.

Zu Num­mer 3 (§ 34 Abs. 3 SchulG LSA)

Ein spä­te­rer Wech­sel der Bil­dungs­gän­ge oder Schul­for­men ist mög­lich. Die Durch­läs­sig­keit des Bil­dungs­sys­tems besteht. Zur Siche­rung des Erfol­ges des ein­ge­schla­ge­nen Bil­dungs­we­ges ist ein Wech­sel aber zwin­gend von der Erfül­lung der not­wen­di­gen Leis­tungs­vor­aus­set­zun­gen abhän­gig zu machen.

Zu § 2 (Inkraft­tre­ten)

Die Rege­lung bestimmt das Inkraft­tre­ten des Gesetzes.

[1] https://www.nw.de/nachrichten/thema/22484203_Die-Studierfaehigkeit-vieler-Abiturienten-ist-mangelhaft.html [05.05.2022].

[2] https://www.news4teachers.de/2021/03/studie-gegliedertes-schulsystem-staerkt-die-bildungsgerechtigkeit/ [05.05.2022].

 

Antrag als PDF-Datei

https://padoka.landtag.sachsen-anhalt.de/files/drs/wp8/drs/d2354age.pdf

Behand­lung im Landtag