8. September 2023

Важный шаг к многополярному мироустройству – Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer multipolaren Weltordnung!

Vie­le Län­der haben es satt, daß die USA und ehe­ma­li­ge Kolo­ni­al­mäch­te ihnen vor­schrei­ben, wie sie zu leben haben.
Ein Arti­kel im Rah­men mei­ner Kolum­ne für die rus­si­sche Zei­tung Wedo­mo­sti, der sich mit Ein­drü­cken von der 11. Mos­kau­er Sicher­heits­kon­fe­renz befaßt.
Ich war einer der weni­gen Deut­schen, denen die Ehre zuteil wur­de, an der dies­jäh­ri­gen Mos­kau­er Kon­fe­renz für inter­na­tio­na­le Sicher­heit teil­zu­neh­men. Für das offi­zi­el­le Deutsch­land exis­tier­te die Ver­an­stal­tung nicht. Das ZDF ver­öf­fent­lich­te auf sei­ner Web­site ledig­lich einen kur­zen Bericht über die Mos­kau­er Kon­fe­renz für inter­na­tio­na­le Sicher­heit, in dem jedoch nur Ser­gej Law­row erwähnt wur­de. In den Fern­seh­nach­rich­ten wur­de die Ver­an­stal­tung mit kei­nem Wort erwähnt, und es war mehr als ver­geb­lich, nach ande­ren Berich­ten über sie zu suchen. Wie das Peters­bur­ger Wirt­schafts­fo­rum, das ich im Juni besucht habe, ist auch die Mos­kau­er Kon­fe­renz für inter­na­tio­na­le Sicher­heit ein Ereig­nis, das von den deut­schen Medi­en tot­ge­schwie­gen wird.
Die­se wer­den ihrem Anspruch, die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ent­spre­chend der Rele­vanz und Bedeu­tung der Ereig­nis­se zu infor­mie­ren, nicht gerecht. Viel schwer­wie­gen­der ist jedoch die Tat­sa­che, daß der Gra­ben zwi­schen Deutsch­land und West­eu­ro­pa einer­seits und Ruß­land ande­rer­seits immer tie­fer wird. Sie ist nicht mehr nur ein Gra­ben vol­ler Wirt­schafts­sank­tio­nen und Waf­fen­lie­fe­run­gen, son­dern eine regel­rech­te Infor­ma­ti­ons­mau­er. Dies­seits und jen­seits die­ser ima­gi­nä­ren Bar­rie­re leben die Men­schen in unter­schied­li­chen Wel­ten. Umso wich­ti­ger ist es, daß gera­de Ver­tre­ter soge­nann­ter unfreund­li­cher Län­der an inter­na­tio­na­len Kon­fe­ren­zen und Foren in Ruß­land teil­neh­men, um sie in ihren Län­dern bekannt zu machen.
Die meis­ten deut­schen Bür­ger glau­ben, daß Ruß­land in der Welt iso­liert ist. Sie wis­sen nicht, daß auf der Mos­kau­er Kon­fe­renz für inter­na­tio­na­le Sicher­heit der chi­ne­si­sche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter mit einem offi­zi­el­len Mili­tär­gruß die Büh­ne betrat. Sie wis­sen nicht, daß prak­tisch alle Län­der Afri­kas, des Nahen Ostens und Asi­ens hoch­ran­gi­ge Ver­tre­ter nach Mos­kau ent­sandt haben, um über inter­na­tio­na­le Sicher­heits­fra­gen zu diskutieren.
Zu Beginn der Kon­fe­renz gab Wla­di­mir Putin mit sei­ner Erklä­rung über die Ent­ste­hung einer mul­ti­po­la­ren Welt – einer mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung – den Ton an. Genau genom­men ent­steht in der Welt jedoch der­zeit eine neue bipo­la­re Welt­ord­nung. Auf der einen Sei­te scha­ren sich die Anhän­ger der mul­ti­po­la­ren Welt um Ruß­land und Chi­na, wäh­rend sich auf der ande­ren Sei­te die Befür­wor­ter der uni­po­la­ren Ord­nung an die Ver­ei­nig­ten Staa­ten anleh­nen. Letz­te­re glau­ben, daß sie die gan­ze Welt sind und las­sen ihre Bür­ger in die­sem Glau­ben. Zwar lie­gen sie bei der Wirt­schafts­leis­tung der­zeit noch vorn, aber das wird nicht lan­ge so blei­ben, denn die BRICS-Län­der wei­sen schnel­le­re Wachs­tums­ra­ten auf. In eini­gen Jah­ren wer­den sie mit dem selbst­er­nann­ten Wes­ten gleichziehen.
Der Block der kapi­ta­lis­ti­schen Län­der ging als Sie­ger aus dem Kal­ten Krieg her­vor, weil er anpas­sungs­fä­hi­ger und zu Ver­än­de­run­gen fähig war. Und die Ver­ei­ni­gung der Län­der der mul­ti­po­la­ren Welt wird aus den glei­chen Grün­den als Sie­ger aus der aktu­el­len Kon­fron­ta­ti­on hervorgehen.
Der ent­schei­den­de Vor­teil ist, daß die Füh­rungs­mäch­te der mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung den Staa­ten, die sie unter­stüt­zen, nicht vor­schrei­ben, wel­che Sozial‑, Familien‑, Kli­ma- oder Kul­tur­po­li­tik sie zu betrei­ben haben. Der uni­po­la­re Teil der Welt ist ein homo­ge­ner Block, der von den USA domi­niert wird. Im Gegen­satz dazu ist der mul­ti­po­la­re Teil der Welt ein viel­fäl­ti­ges Bünd­nis, das auf gegen­sei­ti­ger Unter­stüt­zung und Respekt beruht und in dem sich jedes Land nach sei­nen Mög­lich­kei­ten ent­wi­ckeln kann.
In einer mul­ti­po­la­ren Welt darf jedes Land das sein, was es sein will. Die gemein­sa­me Wirt­schafts­po­li­tik beschränkt sich auf die Wirt­schaft, mehr nicht. Indem sie sich jedoch auf das Wesent­li­che beschrän­ken, haben die Befür­wor­ter einer mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung eine effek­ti­ve­re Wirt­schafts­po­li­tik. In einer mul­ti­po­la­ren Welt zielt sie auf die Schaf­fung von Wohl­stand ab und ist kein Mit­tel zur Durch­set­zung ande­rer Ziele.
Ver­trä­ge zwi­schen Staa­ten in einem mul­ti­po­la­ren Lager las­sen sich leich­ter abschlie­ßen, weil damit kei­ne nicht­wirt­schaft­li­chen Erwar­tun­gen ver­bun­den sind. Es gibt ten­den­zi­ell weni­ger Büro­kra­tie und mehr Mög­lich­kei­ten. Bedürf­nis­se kön­nen bes­ser und schnel­ler befrie­digt wer­den. Wäh­rend im so genann­ten Wes­ten die Regen­bo­gen- und Kli­ma­ideo­lo­gie das Leben und die Wirt­schafts­tä­tig­keit ein­engen, ist die mul­ti­po­la­re Welt frei von sol­chem Bal­last, was der Wirt­schaft einen star­ken Auf­trieb ver­leiht und ihre hohen Wachs­tums­ra­ten erklärt.
Ein Bei­spiel ist die chi­ne­si­sche Stra­te­gie der par­al­le­len För­de­rung von Autos mit Ver­bren­nungs­mo­tor und Elek­tro­au­tos. Die­ser Ansatz steht im Ein­klang mit den Geset­zen der Markt­wirt­schaft. Schließ­lich muß der Markt zei­gen, was auf ihm blei­ben wird. Im Gegen­satz dazu hat die Euro­päi­sche Uni­on beschlos­sen, die Zulas­sung von Autos mit Ver­bren­nungs­mo­to­ren ab 2035 zu ver­bie­ten und för­dert aus­schließ­lich die Ent­wick­lung von Elek­tro­au­tos. Dies ist ein har­ter, illi­be­ra­ler und unter­neh­mer­feind­li­cher Ansatz. Als das Auto­mo­bil im 20. Jahr­hun­dert über das Pferd tri­um­phier­te, gewann es nicht, weil das Pferd ver­bo­ten wur­de, son­dern weil sich das Auto­mo­bil im frei­en Wett­be­werb zwi­schen den ver­schie­de­nen Ver­kehrs­trä­gern mit der Zeit als bes­ser erwies. Die Anhän­ger des “Regenbogen”-Imperiums schei­nen ver­ges­sen zu haben, daß erfolg­rei­ches Wirt­schaf­ten Frei­heit voraussetzt.
Das wur­de auf der Mos­kau­er Kon­fe­renz über inter­na­tio­na­le Sicher­heit deut­lich. Ich habe es auch in vie­len Gesprä­chen gespürt: Die ehe­ma­li­gen Län­der der Drit­ten Welt haben es satt, daß die USA und ehe­ma­li­ge Kolo­ni­al­mäch­te ihnen vor­schrei­ben, wie sie zu leben haben. Sie wol­len Wirt­schafts­ab­kom­men, die sich auf rein wirt­schaft­li­che Fra­gen beschrän­ken, und Sicher­heits­ab­kom­men, die sich auf die mili­tä­ri­sche Sicher­heit beschrän­ken und sie nicht zur Umset­zung einer “Regenbogen”-Agenda zwingen.
Hin­zu kommt, daß die Befür­wor­ter einer mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung ehr­li­che, fried­li­che Absich­ten haben. Ja, es ist immer leicht zu behaup­ten, daß eine Per­son ehr­li­che Absich­ten hat. Aber hier lohnt es sich, an das bibli­sche Sprich­wort “An ihren Taten wer­det ihr sie erken­nen” zu erin­nern. Ich war beein­druckt, daß an der Mos­kau­er Kon­fe­renz über inter­na­tio­na­le Sicher­heit sowohl Ver­tre­ter Sau­di-Ara­bi­ens als auch des Iran teil­nah­men. Der Kon­flikt zwi­schen die­sen Län­dern wird von Chi­na und Ruß­land geschlich­tet, wäh­rend die USA ihn seit Jahr­zehn­ten anhei­zen, um den Nahen Osten zu dominieren.
Der Vor­schlag der Befür­wor­ter einer mul­ti­po­la­ren Welt beruht auf den Prin­zi­pi­en Sicher­heit, Wohl­stand und Frei­heit. Das Ange­bot der Befür­wor­ter einer uni­po­la­ren Welt­ord­nung besteht aus Krieg, Armut und dem Zwang, nach den Wer­ten eines “Regenbogen”-Imperiums zu leben. Es ist klar, wofür sich die Völ­ker der Erde ent­schei­den wer­den. So sieht der Grund­ge­dan­ke der Mos­kau­er Kon­fe­renz für inter­na­tio­na­le Sicher­heit aus. Die mul­ti­po­la­re Welt­ord­nung ist kein schö­ner Traum. Sie wird sich durch­set­zen, und am Ende wer­den die USA nicht mehr als ein Pol sein, ein Pol unter vielen.
Deutsch­lands Inter­es­se wie­der­um, so wie ich es als Poli­ti­ker ver­ste­he und dar­stel­le, ist es, Euro­pa zu einem unab­hän­gi­gen Pol in einer mul­ti­po­la­ren Welt­ord­nung zu machen, sich vom erdrü­cken­den Ein­fluss der USA zu befrei­en und gute Bezie­hun­gen zu Ruß­land zu pflegen.
Hans-Tho­mas Tillschneider

8.9.2023