Важный шаг к многополярному мироустройству – Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer multipolaren Weltordnung!
Viele Länder haben es satt, daß die USA und ehemalige Kolonialmächte ihnen vorschreiben, wie sie zu leben haben.
Ein Artikel im Rahmen meiner Kolumne für die russische Zeitung Wedomosti, der sich mit Eindrücken von der 11. Moskauer Sicherheitskonferenz befaßt.
Ich war einer der wenigen Deutschen, denen die Ehre zuteil wurde, an der diesjährigen Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit teilzunehmen. Für das offizielle Deutschland existierte die Veranstaltung nicht. Das ZDF veröffentlichte auf seiner Website lediglich einen kurzen Bericht über die Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit, in dem jedoch nur Sergej Lawrow erwähnt wurde. In den Fernsehnachrichten wurde die Veranstaltung mit keinem Wort erwähnt, und es war mehr als vergeblich, nach anderen Berichten über sie zu suchen. Wie das Petersburger Wirtschaftsforum, das ich im Juni besucht habe, ist auch die Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit ein Ereignis, das von den deutschen Medien totgeschwiegen wird.
Diese werden ihrem Anspruch, die Bürgerinnen und Bürger entsprechend der Relevanz und Bedeutung der Ereignisse zu informieren, nicht gerecht. Viel schwerwiegender ist jedoch die Tatsache, daß der Graben zwischen Deutschland und Westeuropa einerseits und Rußland andererseits immer tiefer wird. Sie ist nicht mehr nur ein Graben voller Wirtschaftssanktionen und Waffenlieferungen, sondern eine regelrechte Informationsmauer. Diesseits und jenseits dieser imaginären Barriere leben die Menschen in unterschiedlichen Welten. Umso wichtiger ist es, daß gerade Vertreter sogenannter unfreundlicher Länder an internationalen Konferenzen und Foren in Rußland teilnehmen, um sie in ihren Ländern bekannt zu machen.
Die meisten deutschen Bürger glauben, daß Rußland in der Welt isoliert ist. Sie wissen nicht, daß auf der Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit der chinesische Verteidigungsminister mit einem offiziellen Militärgruß die Bühne betrat. Sie wissen nicht, daß praktisch alle Länder Afrikas, des Nahen Ostens und Asiens hochrangige Vertreter nach Moskau entsandt haben, um über internationale Sicherheitsfragen zu diskutieren.
Zu Beginn der Konferenz gab Wladimir Putin mit seiner Erklärung über die Entstehung einer multipolaren Welt – einer multipolaren Weltordnung – den Ton an. Genau genommen entsteht in der Welt jedoch derzeit eine neue bipolare Weltordnung. Auf der einen Seite scharen sich die Anhänger der multipolaren Welt um Rußland und China, während sich auf der anderen Seite die Befürworter der unipolaren Ordnung an die Vereinigten Staaten anlehnen. Letztere glauben, daß sie die ganze Welt sind und lassen ihre Bürger in diesem Glauben. Zwar liegen sie bei der Wirtschaftsleistung derzeit noch vorn, aber das wird nicht lange so bleiben, denn die BRICS-Länder weisen schnellere Wachstumsraten auf. In einigen Jahren werden sie mit dem selbsternannten Westen gleichziehen.
Der Block der kapitalistischen Länder ging als Sieger aus dem Kalten Krieg hervor, weil er anpassungsfähiger und zu Veränderungen fähig war. Und die Vereinigung der Länder der multipolaren Welt wird aus den gleichen Gründen als Sieger aus der aktuellen Konfrontation hervorgehen.
Der entscheidende Vorteil ist, daß die Führungsmächte der multipolaren Weltordnung den Staaten, die sie unterstützen, nicht vorschreiben, welche Sozial‑, Familien‑, Klima- oder Kulturpolitik sie zu betreiben haben. Der unipolare Teil der Welt ist ein homogener Block, der von den USA dominiert wird. Im Gegensatz dazu ist der multipolare Teil der Welt ein vielfältiges Bündnis, das auf gegenseitiger Unterstützung und Respekt beruht und in dem sich jedes Land nach seinen Möglichkeiten entwickeln kann.
In einer multipolaren Welt darf jedes Land das sein, was es sein will. Die gemeinsame Wirtschaftspolitik beschränkt sich auf die Wirtschaft, mehr nicht. Indem sie sich jedoch auf das Wesentliche beschränken, haben die Befürworter einer multipolaren Weltordnung eine effektivere Wirtschaftspolitik. In einer multipolaren Welt zielt sie auf die Schaffung von Wohlstand ab und ist kein Mittel zur Durchsetzung anderer Ziele.
Verträge zwischen Staaten in einem multipolaren Lager lassen sich leichter abschließen, weil damit keine nichtwirtschaftlichen Erwartungen verbunden sind. Es gibt tendenziell weniger Bürokratie und mehr Möglichkeiten. Bedürfnisse können besser und schneller befriedigt werden. Während im so genannten Westen die Regenbogen- und Klimaideologie das Leben und die Wirtschaftstätigkeit einengen, ist die multipolare Welt frei von solchem Ballast, was der Wirtschaft einen starken Auftrieb verleiht und ihre hohen Wachstumsraten erklärt.
Ein Beispiel ist die chinesische Strategie der parallelen Förderung von Autos mit Verbrennungsmotor und Elektroautos. Dieser Ansatz steht im Einklang mit den Gesetzen der Marktwirtschaft. Schließlich muß der Markt zeigen, was auf ihm bleiben wird. Im Gegensatz dazu hat die Europäische Union beschlossen, die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 zu verbieten und fördert ausschließlich die Entwicklung von Elektroautos. Dies ist ein harter, illiberaler und unternehmerfeindlicher Ansatz. Als das Automobil im 20. Jahrhundert über das Pferd triumphierte, gewann es nicht, weil das Pferd verboten wurde, sondern weil sich das Automobil im freien Wettbewerb zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern mit der Zeit als besser erwies. Die Anhänger des “Regenbogen”-Imperiums scheinen vergessen zu haben, daß erfolgreiches Wirtschaften Freiheit voraussetzt.
Das wurde auf der Moskauer Konferenz über internationale Sicherheit deutlich. Ich habe es auch in vielen Gesprächen gespürt: Die ehemaligen Länder der Dritten Welt haben es satt, daß die USA und ehemalige Kolonialmächte ihnen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Sie wollen Wirtschaftsabkommen, die sich auf rein wirtschaftliche Fragen beschränken, und Sicherheitsabkommen, die sich auf die militärische Sicherheit beschränken und sie nicht zur Umsetzung einer “Regenbogen”-Agenda zwingen.
Hinzu kommt, daß die Befürworter einer multipolaren Weltordnung ehrliche, friedliche Absichten haben. Ja, es ist immer leicht zu behaupten, daß eine Person ehrliche Absichten hat. Aber hier lohnt es sich, an das biblische Sprichwort “An ihren Taten werdet ihr sie erkennen” zu erinnern. Ich war beeindruckt, daß an der Moskauer Konferenz über internationale Sicherheit sowohl Vertreter Saudi-Arabiens als auch des Iran teilnahmen. Der Konflikt zwischen diesen Ländern wird von China und Rußland geschlichtet, während die USA ihn seit Jahrzehnten anheizen, um den Nahen Osten zu dominieren.
Der Vorschlag der Befürworter einer multipolaren Welt beruht auf den Prinzipien Sicherheit, Wohlstand und Freiheit. Das Angebot der Befürworter einer unipolaren Weltordnung besteht aus Krieg, Armut und dem Zwang, nach den Werten eines “Regenbogen”-Imperiums zu leben. Es ist klar, wofür sich die Völker der Erde entscheiden werden. So sieht der Grundgedanke der Moskauer Konferenz für internationale Sicherheit aus. Die multipolare Weltordnung ist kein schöner Traum. Sie wird sich durchsetzen, und am Ende werden die USA nicht mehr als ein Pol sein, ein Pol unter vielen.
Deutschlands Interesse wiederum, so wie ich es als Politiker verstehe und darstelle, ist es, Europa zu einem unabhängigen Pol in einer multipolaren Weltordnung zu machen, sich vom erdrückenden Einfluss der USA zu befreien und gute Beziehungen zu Rußland zu pflegen.
Hans-Thomas Tillschneider
8.9.2023