21. Januar 2024

Слабый канцлер против немощных фермеров – Ein schwacher Kanzler gegen noch schwächere Bauern!

Mei­ne jüngs­te Kolum­ne für die rus­si­sche Zei­tung Wede­mo­sti wid­met sich den Bauernprotesten.

Vom legen­dä­ren deut­schen Bau­ern­krieg 1524–1525, als sich das Volk gegen unver­schäm­te Ober­her­ren auf­lehn­te, bis hin zur Land­volk­be­we­gung, die sich in den 1920er Jah­ren gegen über­höh­te Steu­ern wehr­te, waren Land­ar­bei­ter in der gesam­ten Geschich­te des Lan­des die trei­ben­de Kraft hin­ter Auf­stän­den. Die Bau­ern­pro­tes­te, die in der zwei­ten Janu­ar­wo­che 2024 in Deutsch­land statt­fan­den, sind so etwas wie ein letz­tes Auf­bäu­men und ein jäm­mer­li­ches Ende die­ser gro­ßen Tra­di­ti­on. Sie konn­ten nicht ein­mal einen der schwächs­ten Bun­des­kanz­ler in der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land absetzen.
Was also ist pas­siert? Die deut­sche Regie­rung unter Bun­des­kanz­ler Olaf Scholz schuf wäh­rend der Pan­de­mie einen Son­der­haus­halt, um die Fol­gen ihrer kata­stro­pha­len Coro­na­vi­rus-Poli­tik zu finan­zie­ren. Das Geld wur­de jedoch nicht benö­tigt, da die Pan­de­mie weit­aus mil­der ver­lief, als die offi­zi­el­len Stel­len ange­nom­men hat­ten. Die Regie­rung beschloss dar­auf­hin, die nicht genutz­ten Mil­li­ar­den aus dem Son­der­fonds zur Bekämp­fung der Aus­wir­kun­gen des Coro­na­vi­rus ein­fach in noch sinn­lo­se­re Maß­nah­men zur Redu­zie­rung der vom Men­schen ver­ur­sach­ten CO2-Emis­sio­nen umzu­wid­men. Das höchs­te deut­sche Gericht, das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, hat ihr dies jedoch unter­sagt. Weil die Regie­rung aber auf ihren kost­spie­li­gen Maß­nah­men zur Redu­zie­rung der CO2-Emis­sio­nen besteht, muss­te sie dafür Geld aus dem regu­lä­ren Haus­halt neh­men. So will sie Geld bei den Land­wir­ten sparen.
Bis­lang zahl­ten Land­wir­te 20 Cent weni­ger pro Liter Die­sel als nor­ma­le Bür­ger, und ihre Land­ma­schi­nen waren von der Kraft­fahr­zeug­steu­er befreit. Die­se bei­den Sub­ven­tio­nen woll­te die Regie­rung von Bun­des­kanz­ler Scholz abschaf­fen, um ihre Kli­ma­po­li­tik zu finan­zie­ren. Die­se Spar­maß­nah­men waren der sprich­wört­li­che Trop­fen, der das Fass zum Über­lau­fen brach­te. Die Land­wir­te gin­gen mit ihren Trak­to­ren auf die Stra­ße und schlos­sen sich schnell den Spe­di­teu­ren an, die unter den dras­ti­schen Erhö­hun­gen der Lkw-Maut lei­den. Die Rei­hen der Demons­tran­ten wur­den dann durch Ver­tre­ter ande­rer Wirt­schafts­zwei­ge erwei­tert. Danach ging es nicht mehr nur um die Pri­vi­le­gi­en für die Land­wir­te, son­dern um die Situa­ti­on im Land ins­ge­samt: die Kli­ma­po­li­tik der Regie­rung und die Sank­ti­ons­po­li­tik gegen Russ­land, die sowohl die Land­wir­te als auch die ein­fa­chen Bür­ger belas­tet. Natür­lich hat mei­ne Par­tei, die Alter­na­ti­ve für Deutsch­land (AfD), die­se Pro­tes­te unterstützt.
Die­se Aus­wei­tung der Pro­tes­te lag nicht im Inter­es­se der Christ­de­mo­kra­ten (CDU), die in die Füh­rungs­gre­mi­en fast aller Bau­ern­ver­bän­de ein­ge­drun­gen sind. Die CDU woll­te ein­fach Bau­ern auf das Schach­brett ihres “Spiels” gegen die Regie­rung von Bun­des­kanz­ler Scholz set­zen, der bekannt­lich die SPD ver­tritt. Die CDU woll­te die Pro­tes­te nut­zen, um wie­der an Popu­la­ri­tät zu gewin­nen und Druck auf die Regie­rung Scholz aus­zu­üben. Und natür­lich hät­te die CDU den Rück­tritt von Bun­des­kanz­ler Scholz ger­ne gesehen.
So muss­te die CDU die Pro­tes­te der Bau­ern auf punk­tu­el­le und harm­lo­se For­de­run­gen redu­zie­ren, um zu ver­hin­dern, dass sich ande­re gesell­schaft­li­che Grup­pen und die AfD ihnen anschlos­sen. Andern­falls hät­te sie schlicht­weg die Kon­trol­le über die Situa­ti­on ver­lo­ren. Aus die­sem Grund gaben die CDU-domi­nier­ten Bau­ern­ver­bän­de Erklä­run­gen ab, in denen sie ihre For­de­run­gen ein­schränk­ten und jeden aus­schlos­sen, der den Pro­test aus­wei­ten woll­te. Nach Ansicht der CDU soll­ten sich die Land­wir­te nur für den Erhalt der Agrar­die­sel­sub­ven­tio­nen und der Ver­kehrs­steu­er­be­frei­ung ein­set­zen und sich von der AfD fernhalten.
Eini­ge Land­wir­te an der Basis haben sich lei­der gefügt, ande­re nicht, aber ins­ge­samt hat die­se Spal­tung den Pro­tes­ten den nöti­gen Schwung und Ein­fluss genom­men. Und seit dem 15. Janu­ar ist es ruhi­ger gewor­den. Im Moment sieht es so aus, als ob die Bau­ern nicht ein­mal ihre beschei­de­nen For­de­run­gen durch­set­zen kön­nen. Die Regie­rung wird all ihre Kür­zungs­plä­ne umset­zen und die Land­wir­te, erschöpft durch die Pro­tes­te, wer­den gezwun­gen sein, dies zu akzep­tie­ren. Und Kanz­ler Olaf Scholz sitzt fest im Sat­tel und denkt nicht an Rücktritt.
Bedau­er­lich ist das aber alles nicht. Wür­de Scholz abge­setzt und es käme zu Neu­wah­len, wäre das Ergeb­nis eine CDU-geführ­te Bun­des­re­gie­rung unter Kanz­ler Fried­rich Merz. Und der wäre für Deutsch­land und Russ­land noch schlech­ter gewe­sen als Olaf Scholz. Obwohl es schwer vor­stell­bar ist, dass jemand Deutsch­land mehr Scha­den zufügt als Scholz.
Um ein Bei­spiel aus dem Agrar­sek­tor zu nen­nen: Die Wei­zen­prei­se in Deutsch­land ste­hen seit eini­gen Mona­ten unter Druck, da immer mehr ukrai­ni­scher Wei­zen auf den deut­schen Markt gelangt – dank umstrit­te­ner Maß­nah­men zur Erleich­te­rung der Impor­te für die Ukrai­ner. Das The­ma wur­de von Land­wir­ten auf Demons­tra­tio­nen immer wie­der ange­spro­chen und war auch Teil der For­de­run­gen eini­ger Demons­tran­ten, wur­de aber in den offi­zi­el­len Staats­me­di­en ver­drängt. Für 2024 ist eine wei­te­re Ver­ein­fa­chung der Ein­fuhr­ver­fah­ren geplant, was die Situa­ti­on für die Getrei­de­bau­ern wei­ter ver­schär­fen wird.
Es ist bekannt, dass US-Invest­ment­ge­sell­schaf­ten bis Mit­te 2022 bereits mehr als ein Vier­tel aller land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen in der Ukrai­ne auf­ge­kauft haben. Zu die­sen Unter­neh­men gehört vor allem der Invest­ment­gi­gant Black­rock. Und Fried­rich Merz, der im Fal­le eines vor­zei­ti­gen Aus­schei­dens von Olaf Scholz Kanz­ler wer­den soll, war von 2016 bis 2020 Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der und Lob­by­ist für Black­rock in Deutsch­land. Wenn die­ser Mann die Wahl hät­te zwi­schen der Ver­tei­di­gung der Inter­es­sen einer ame­ri­ka­ni­schen Invest­ment­ge­sell­schaft und der deut­schen Land­wir­te, wür­de er ohne mit der Wim­per zu zucken die deut­schen Land­wir­te der Gna­de einer ame­ri­ka­ni­schen Invest­ment­ge­sell­schaft aus­lie­fern. Des­halb wäre es vor­erst bes­ser, wenn Scholz Bun­des­kanz­ler bleibt und es kei­ne Neu­wah­len gibt.
Aller­dings gibt es bereits zwei Grup­pen, die Bun­des­kanz­ler Scholz stür­zen wol­len. Die patrio­ti­sche Oppo­si­ti­on will, dass er zurück­tritt, weil er zu nach­gie­big gegen­über den USA ist. Und die CDU-Pseu­do-Oppo­si­ti­on will ihn aus dem Amt jagen, weil er nicht fle­xi­bel genug gegen­über den USA ist. Da die­se bei­den Grup­pen den Kanz­ler aus ent­ge­gen­ge­setz­ten Grün­den angrei­fen, kön­nen sie sich nicht zusam­men­schlie­ßen und eine ein­heit­li­che Front bil­den, was eine Vor­aus­set­zung für den Rück­tritt von Scholz wäre. So bleibt er, obwohl er selbst völ­lig macht­los ist, eine Kom­pro­miss­fi­gur, bis die “Alter­na­ti­ve für Deutsch­land” stark genug wird, um die Regie­rung zu übernehmen.
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21.1.2024