15. Oktober 2024

Irrweg der Moderne – für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus

Antrag vom 15. Okto­ber 2024

Druck­sa­che 8/4681 (2 S.)

Kurz­be­schrei­bung:

Ange­sichts des Dop­pel­ju­bi­lä­ums des UNESCO-Welt­kul­tur­er­bes Bau­haus in den Jah­ren 2025 und 2026 for­dert die AfD-Frak­ti­on in ihrem Antrag die Lan­des­re­gie­rung dazu auf, das Bau­haus-Erbe als kunst­ge­schicht­li­ches und his­to­ri­sches Phä­no­men zu wür­di­gen, dabei jedoch eine ein­sei­ti­ge Glo­ri­fi­zie­rung der Bau­haus-Bewe­gung zu unter­las­sen. Statt­des­sen soll in einer kri­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung ein seriö­ses und kul­tur­ge­schicht­li­ches Gesamt­bild auf­ge­stellt wer­den, das alle Aspek­te des Bau­hau­ses beleuch­tet. Die kon­zep­tio­nel­le Aus­rich­tung des 100-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums der Bau­haus­schu­le am Stand­ort Des­sau in den Jah­ren 2025/26 soll unter die­sem Aspekt wis­sen­schaft­lich neu bewer­tet und ent­spre­chend in das Aus­stel­lungs­kon­zept ein­ge­ar­bei­tet werden.

Antrag:

Irr­weg der Moder­ne – für eine kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Bauhaus

Der Land­tag wol­le beschließen:

I. Der Land­tag von Sach­sen-Anhalt stellt fest:

Das Dop­pel­ju­bi­lä­um des UNESCO-Welt­kul­tur­er­bes Bau­haus in den Jah­ren 2025 und 2026 ist als kunst­ge­schicht­li­ches und his­to­ri­sches Phä­no­men zu wür­di­gen. In die­sem Zusam­men­hang ist eine ein­sei­ti­ge Glo­ri­fi­zie­rung des Bau­haus-Erbes jedoch abzu­leh­nen und statt­des­sen in einer kri­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung ein seriö­ses und kul­tur­ge­schicht­li­ches Gesamt­bild auf­zu­stel­len, die alle Aspek­te des Bau­hau­ses beleuchtet.

II. Der Land­tag von Sach­sen-Anhalt for­dert die Lan­des­re­gie­rung auf, die kon­zep­tio­nel­le Aus­rich­tung des 100-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums der Bau­haus­schu­le am Stand­ort Des­sau in den Jah­ren 2025/26 unter die­sem Aspekt wis­sen­schaft­lich neu zu bewer­ten und in das Aus­stel­lungs­kon­zept einzuarbeiten.

Begrün­dung

Die Direk­to­rin der Stif­tung Bau­haus Des­sau hat­te anläss­lich der Sit­zung des Aus­schus­ses für Bun­des- und Euro­pa­an­ge­le­gen­hei­ten, Medi­en sowie Kul­tur am 16.08. d. J. aus­drück­lich für eine Kri­tik und sach­li­che Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Bau­haus geworben.

Der Land­tag soll­te sich kri­tisch mit dem Bau­haus aus­ein­an­der­set­zen, da die Bewe­gung nicht nur posi­ti­ve, son­dern auch pro­ble­ma­ti­sche Aspek­te her­vor­ge­bracht hat, die einer dif­fe­ren­zier­ten Betrach­tung bedürfen.

  1. His­to­ri­sche Bau­sün­den: Vie­le Gebäu­de im Bau­haus-Stil gel­ten heu­te als „Bau­sün­den“, da ihre puris­ti­sche Ästhe­tik und funk­tio­na­le Reduk­ti­on oft nicht mit der Lebens­qua­li­tät der Bewoh­ner in Ein­klang gebracht wur­den. Die Beto­nung auf Nüch­tern­heit und Mini­ma­lis­mus führ­te häu­fig zu unper­sön­li­cher Archi­tek­tur, die als kalt, abwei­send und unat­trak­tiv wahr­ge­nom­men wird. Die­se Kri­tik­punk­te spie­geln sich bis heu­te in der Debat­te über den Bau­haus-Stil wider, ins­be­son­de­re in Bezug auf den sozia­len Woh­nungs­bau und öffent­li­che Gebäu­de, die als „men­schen­feind­lich“ bezeich­net werden.
  2. Frag­wür­di­ge Wer­te: Das Bau­haus pro­pa­gier­te eine uni­ver­sel­le Ästhe­tik, die auf eine Ver­ein­heit­li­chung von Kunst und Design abziel­te. Dabei gin­gen indi­vi­du­el­le und regio­na­le Beson­der­hei­ten ver­lo­ren. Die zugrun­de lie­gen­den Wer­te des Bau­hau­ses, wie die radi­ka­le Ver­ein­fa­chung und Funk­tio­na­li­sie­rung des Lebens­um­fel­des, wider­spra­chen oft tra­di­tio­nel­len und kul­tu­rell ver­an­ker­ten Vor­stel­lun­gen von Wohn- und Lebens­räu­men. Die­se pau­scha­le Reduk­ti­on auf das Funk­tio­na­le kann als Ent­frem­dung des Men­schen von sei­ner Umwelt gewer­tet werden.
  3. Ideo­lo­gi­sche Hin­ter­grün­de: Hin­ter der Bau­haus-Bewe­gung stan­den poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Ideo­lo­gien, die ins­be­son­de­re wäh­rend der Lei­tung von Han­nes Mey­er eine kla­re Nähe zum Kom­mu­nis­mus auf­wie­sen. Mey­ers Aus­rich­tung führ­te zu einer Poli­ti­sie­rung der Archi­tek­tur und der Bau­haus-Leh­re, was sowohl damals als auch heu­te zu Kon­tro­ver­sen führt. Es stellt sich die Fra­ge, inwie­weit eine sol­che Ideo­lo­gi­sie­rung von Kunst und Archi­tek­tur lang­fris­tig nega­ti­ve gesell­schaft­li­che Aus­wir­kun­gen hat­te und wei­ter­hin haben könnte.
  4. Glo­ba­le Ver­wer­tung als Ein­heits­brei: Die inter­na­tio­na­le Ver­brei­tung des Bau­haus-Stils führ­te zu einer Art glo­ba­lem „Ein­heits­brei“, in dem loka­le Iden­ti­tä­ten und archi­tek­to­ni­sche Tra­di­tio­nen zuneh­mend ver­drängt wur­den. Der Bau­haus-Stil ent­wi­ckel­te sich zu einem glo­ba­len Trend, der oft als uni­form und aus­tausch­bar kri­ti­siert wird. Dies führ­te zu einer Ver­wäs­se­rung regio­na­ler Eigen­hei­ten und einer Stan­dar­di­sie­rung von Archi­tek­tur und Design, die der kul­tu­rel­len Viel­falt abträg­lich ist.

Der Land­tag soll­te die­se Aspek­te auf­grei­fen, um eine tie­fe­re Aus­ein­an­der­set­zung mit der Bau­haus-Bewe­gung zu för­dern. Ein kri­ti­scher Dis­kurs über die his­to­ri­sche Bedeu­tung und die heu­ti­gen Aus­wir­kun­gen des Bau­haus-Erbes ist not­wen­dig, um eine aus­ge­wo­ge­ne und ver­ant­wor­tungs­vol­le Kul­tur­po­li­tik zu entwickeln.

Oli­ver Kirchner
Fraktionsvorsitz

Antrag als PDF-Datei

https://afdfraktion-lsa.de/irrweg-der-moderne-fuer-eine-kritische-auseinandersetzung-mit-dem-bauhaus/

https://padoka.landtag.sachsen-anhalt.de/files/drs/wp8/drs/d4681aan.pdf

15.10.2024