29. April 2025

Ukraine-Krieg, USA und Russland: Trump eint die AfD!

Kom­men­tar für das Frei­lich-Maga­zin vom 29.4.2025

Der inner­par­tei­li­che Rich­tungs­streit der AfD ist laut Till­schnei­der obso­let gewor­den, seit Donald Trump wie­der im Wei­ßen Haus sitzt. Des­sen außen­po­li­ti­sche Kehrt­wen­de zwin­ge auch die trans­at­lan­tisch Gesinn­ten in der AfD zum Umdenken.

Bevor Donald Trump Ende 2024 zum zwei­ten Mal zum US-Prä­si­den­ten gewählt wur­de, tob­te in der AfD noch ein hart­nä­cki­ger Streit zwi­schen Trans­at­lan­ti­kern und Eura­si­ern. Der Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen den USA und Russ­land auf ukrai­ni­schem Boden gab die­sem Par­tei-Kon­flikt eine beson­ders destruk­ti­ve Note, sodass man den Ein­druck gewin­nen konn­te, der Ukrai­ne­krieg wer­de auch in der AfD gekämpft.

Par­tei­streit um den Ukrainekrieg

Wäh­rend die einen für Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne plä­dier­ten, ergin­gen sich die ande­ren in einem über­schie­ßen­den Pazi­fis­mus, der in sei­ner Frie­dens­tau­ben-Selig­keit auch von deut­scher Wehr­haf­tig­keit nichts mehr wis­sen woll­te. Eini­ge fuh­ren nach Kiew und tra­fen sich ganz unge­niert mit Ver­tre­tern des Selen­skyj-Regimes, wäh­rend sie Rei­sen nach Russ­land am liebs­ten ver­bo­ten hät­ten. Bei­de Sei­ten beti­tel­ten sich in ihren Chat­grup­pen gegen­sei­tig mit­un­ter als Rubel­nut­ten und NATO-Huren. Die einen woll­ten die Spren­gung der Nord-Stream-Pipe­lines nicht ein­mal mehr in den Wahl­pro­gram­men the­ma­ti­siert wis­sen, um die­se Schand­tat des gelieb­ten Hege­mo­nen artig zu beschwei­gen, wäh­rend die ande­ren nicht müde wur­den, die Auf­he­bung aller Russ­land­sank­tio­nen zu fordern.

Pola­ri­sie­rung zwi­schen zwei Lagern

Die Eura­si­er ver­stan­den nicht, wie man ange­sichts der jün­ge­ren deutsch-ame­ri­ka­ni­schen Geschich­te – ange­fan­gen von der Ree­du­ca­ti­on bis hin zur Spren­gung der Nord­see­pipe­lines – auch nur die lei­ses­ten Sym­pa­thien für die USA hegen konn­te und wie man, um die Will­fäh­rig­keit kom­plett zu machen, dann im Inter­es­se der USA sogar noch jede Nor­ma­li­sie­rung der Bezie­hun­gen zu Russ­land bekämp­fen muss­te, als säße der Teu­fel höchst­per­sön­lich im Kreml.

Die Trans­at­lan­ti­ker wie­der­um schwelg­ten in Erin­ne­run­gen an die gol­de­nen Zei­ten der BRD, als eine in der Welt­ge­schich­te noch nie dage­we­se­ne und seit­dem nie wie­der erreich­te Wohl­le­big­keit mit einer fes­ten Stel­lung der BRD an Sei­ten der USA gegen Sowjet­russ­land ein­her­ging, wünsch­ten sich die­se grund­so­li­den Ver­hält­nis­se zurück und ver­stan­den nicht, wes­halb die Eura­si­er das nicht verstanden.

Die Eura­si­er ver­wie­sen dar­auf, dass die­se Ver­hält­nis­se ver­gan­gen sei­en und heu­te eine Biden-Admi­nis­tra­ti­on in der Ukrai­ne Russ­land so lan­ge pro­vo­zier­te, bis es sich zu einem krie­ge­ri­schen Angriff hin­rei­ßen ließ, der dann genutzt wur­de, um die Deut­schen wie­der ein­mal kräf­tig bezah­len zu las­sen: Das Gan­ze Aus­druck eines Welt­be­herr­schungs­an­spruchs und einer struk­tu­rell deutsch­land­feind­li­chen Stra­te­gie, nie­der­ge­legt etwa in den Schrif­ten eines Zbin­giew Brzezinski.

Die Trans­at­lan­ti­ker wie­der­um gei­ßel­ten unse­re Abhän­gig­keit von rus­si­schen Roh­stof­fen usw. usf. Zusam­men­ge­hal­ten wur­de das Gan­ze leid­lich von Erklä­run­gen vol­ler mehr­deu­ti­ger Kom­pro­miss­for­meln, die jeder Sei­te vor allem Anlass gaben, unzu­frie­den zu sein.

Welt­bil­der im Konflikt

Die­ser Streit steht nicht nur still, seit­dem Donald Trump wie­der Prä­si­dent der USA gewor­den ist, er ist förm­lich auf­ge­ho­ben. Wenn die USA Russ­land nicht ein­mal mehr als Aggres­sor im Ukrai­ne­kon­flikt bezeich­net wis­sen wol­len, dann über­tref­fen die USA den AfD-Bun­des­vor­stand und die AfD-Bun­des­tags­frak­ti­on, die immer brav die Alt­par­tei­en-For­mu­lie­rung vom „völ­ker­rechts­wid­ri­gen Angriffs­krieg“ her­sag­ten, an Russlandfreundlichkeit.

Und wenn sogar in der FAZ der US-Prä­si­dent als ein rus­si­scher Agent ver­un­glimpft wird, ist jedem Streit inner­halb der AfD über das Ver­hält­nis zu Russ­land die Grund­la­ge ent­zo­gen. Wie wol­len denn die Freun­de der USA in der AfD die Freun­de Russ­lands für pro-rus­si­sche Ges­ten ver­ur­tei­len, die der Prä­si­dent der USA selbst schon drei­mal über­bo­ten hat? Wenn die Trans­at­lan­ti­ker sich von ihrem „sanf­ten Hege­mon“ so ger­ne die außen­po­li­ti­sche Rich­tung vor­ge­ben las­sen, dann müs­sen sie sich jetzt einen pro-rus­si­schen Kurs vor­ge­ben las­sen und dann haben ihre Angrif­fe auf die Eura­si­er schlicht kei­ne Grund­la­ge mehr.

Mit Trump endet der Richtungsstreit

Trumps Russ­land­po­li­tik eint die AfD und bringt sie auf Kurs. Und das gilt nicht nur für die Russ­land­po­li­tik, son­dern auch für ande­re Poli­tik­fel­der. Wenn Elon Musk uns beim Wahl­kampf­auf­takt zur Bun­des­tags­wahl über­le­bens­groß von der Hal­len­wand her­ab erklärt, es sei in Ord­nung („it’s okay“), Deut­scher zu sein, wir soll­ten wie­der stolz auf unse­re Geschich­te sein und hät­ten kei­nen Grund, uns schul­dig zu füh­len, kann einen aus der Par­tei her­aus nie­mand mehr angrei­fen, wenn man den Schuld­kult als Schuld­kult bezeich­net. Es ist zwar ent­täu­schend, dass die AfD die Ermu­ti­gun­gen eines Elon Musk braucht, um dem Schuld­kult eine Absa­ge zu ertei­len, aber auch hier eint Trump die AfD, und er eint sie wie in der Russ­land­fra­ge in die rich­ti­ge Richtung.

Wei­te­res Bei­spiel: Trumps Ver­bot der Regen­bo­gen­flag­ge. In der AfD wur­de vor weni­gen Jah­ren so man­cher noch scharf kri­ti­siert, wenn er die Regen­bo­gen­bin­de am Arm des Tor­warts der Natio­nal­mann­schaft als undeutsch ver­spot­te­te. Damit dürf­te es nun ein für alle Mal vor­bei sein. Ähn­li­ches gilt für die Migra­ti­ons­po­li­tik und alle ande­ren strit­ti­gen Fel­der: Die Trump­sche Non­cha­lance und Désin­vol­tu­re, sein Mut, frech gegen poli­ti­sche Kor­rekt­hei­ten zu ver­sto­ßen, ist genau das, was der AfD zwar immer sel­te­ner, aber manch­mal eben immer noch fehlt.

Trump als Katalysator

Das Vor­bild Trump bie­tet für offen­siv gegen den Alt­par­tei­en­kon­sens gerich­te­te Stand­punk­te eine ent­las­ten­de Legi­ti­ma­ti­on, die eini­ges an inner­par­tei­li­cher Dis­kus­si­on in die rich­ti­ge Rich­tung ver­schie­ben kann. Die­ser Effekt ergä­be sich schon allein dadurch, dass Trump Prä­si­dent gewor­den ist. Wenn er sich aber förm­lich an die Sei­te der AfD stellt, wenn er Elon Musk die AfD offen unter­stüt­zen lässt, wenn sein Vize auf der Mün­che­ner Sicher­heits­kon­fe­renz die ande­ren Par­tei­en zur Zusam­men­ar­beit mit der AfD auf­ruft und wenn Trump schließ­lich AfD-Poli­ti­ker wie den Bun­des­tags­kan­di­da­ten Phil­lipp-Anders Rau aus Sach­sen-Anhalt zu sich nach Mar-a-Lago ein­lädt, baut sich gewalt­sam ein heil­sa­mer Druck auf.

Die Trans­at­lan­ti­ker waren in der AfD schon immer die, die auch in ande­ren Fra­gen dem Main­stream am nächs­ten stan­den. Wer in der Außen­po­li­tik den Grund­li­ni­en der herr­schen­den Poli­tik folgt, der nimmt auch ansons­ten wenig grund­sätz­li­che Gegen­stand­punk­te ein. Trump drängt gera­de die­se Trans­at­lan­ti­ker in die rich­ti­ge Rich­tung. Sie müs­sen bemer­ken, dass gewis­ser­ma­ßen in ihrem Rücken mit Donald Trump eine Art USA-Höcke der Ultra­klas­se auf­ge­taucht ist und nun das, wor­auf sie sich beru­fen, auf ein­mal dem gleicht, was sie in der Par­tei bekämp­fen. Sozu­sa­gen eine Front-Wen­de um 180 Grad.

Die Ver­drän­gung von Bidens Weltbild

Wenn der Prä­si­dent des ver­ehr­ten Hege­mo­nen nicht Putin, son­dern Selen­skyj (!) vor­wirft, einen Krieg begon­nen zu haben, und so den Blick auf die Vor­ge­schich­te des Ukrai­ne­kon­flikts lenkt, was selbst die Eura­si­er in der AfD nicht immer so deut­lich zu äußern wagen, bleibt einem als Trans­at­lan­ti­ker in der AfD nur eine Wahl: Ent­we­der man über­nimmt den neu­en Stand­punkt des Hege­mo­nen oder schlägt sich auf die Sei­te der unter­le­ge­nen Biden-Frak­ti­on samt ihrer Ver­bün­de­ten in Brüs­sel, das nun zum neu­en Welt­zen­trum des Regen­bo­gen­im­pe­ri­ums avan­ciert und es mit den USA und Russ­land gleich­zei­tig auf­neh­men will.

Das hie­ße aller­dings, sich in etwa so zu ver­hal­ten wie einst Erich Hon­ecker, der, als schon längst Gor­bat­schow und Pere­stroi­ka ange­sagt war, noch immer Bre­sch­new hin­ter­her trau­er­te. Als Hon­ecker der AfD käme ein Albrecht Gla­ser in Fra­ge, der noch auf dem letz­ten Par­tei­tag in Rie­sa über­leb­te, Invek­ti­ven gegen Russ­land und Putin ins Bun­des­tags­wahl­pro­gramm schrei­ben las­sen woll­te und damit Gott sei Dank scheiterte.

Denn das wäre jetzt der größ­te Feh­ler: In die alten BRD-Ängst­lich­keit zurück­zu­fal­len, sich von Trumps muti­gem Vor­pre­schen zu distan­zie­ren und aus Rück­sicht auf das, was die Zei­tun­gen bei uns immer noch schrei­ben, nicht für eine Nor­ma­li­sie­rung auch der deutsch-rus­si­schen Bezie­hun­gen einzutreten.

Zwi­schen Brüs­sel und Moskau

Die­se Gefahr ist nicht groß, wie das Schei­tern eines Albrecht Gla­ser auf dem letz­ten Bun­des­par­tei­tag gezeigt hat, aber sie besteht. Sie zeigt sich an dem immer wie­der unter­nom­me­nen Ver­such, die Selbst­ver­ständ­lich­keit, dass wir deut­sche Inter­es­sen ver­tre­ten, nun als Argu­ment gegen ein Bünd­nis sowohl mit den USA als auch mit Russ­land ins Feld zu füh­ren. Recht bese­hen spricht der Umstand, dass wir deut­sche Inter­es­se ver­tre­ten, in der aktu­el­len Lage weder gegen ein Bünd­nis mit den USA noch gegen ein Bünd­nis mit Russ­land, son­dern für ein gegen Ber­lin und Brüs­sel gerich­te­tes Bünd­nis mit der neu­en Ver­bin­dung Washington-Moskau.

Wer nun auf Distanz zu den USA und Russ­land geht und das mit der Tri­via­li­tät begrün­det, nur an deut­sche Inter­es­sen zu den­ken, ver­brämt auf bil­ligs­te Wei­se, dass er ins­ge­heim den Kurs der EU teilt, die als letz­tes Refu­gi­um des Regen­bo­gen­im­pe­ri­ums Wider­stand sowohl gegen die USA als auch gegen Russ­land zu leis­ten gedenkt. Unse­re größ­te Gefahr ist jetzt die Ent­wick­lung zu einer AfD im Schlepp­tau eines Brüs­se­ler Son­der­wegs, unse­re größ­te Chan­ce eine durch Trump geein­te AfD als deut­scher Able­ger der kon­ser­va­ti­ven Welt­re­vo­lu­ti­on mit ihren Zen­tren in Washing­ton und Moskau.

 

Die in Gast­bei­trä­gen geäu­ßer­ten Ansich­ten geben aus­schließ­lich die Mei­nung des jewei­li­gen Autors wie­der und ent­spre­chen nicht not­wen­di­ger­wei­se denen der Freilich-Redaktion.

Über den Autor

Dr. Hans-Tho­mas Till­schnei­der ist Islam­wis­sen­schaft­ler und sitzt seit 2016 für die AfD im Land­tag Sach­sen-Anhalt. Dort ist er der kul­tur­po­li­ti­sche Spre­cher der AfD-Frak­ti­on. Seit 2020 ist er außer­dem stell­ver­tre­ten­der Landesvorsitzender.

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29.4.2025